TRAINIERT
Nicht alle Spitzensportler bleiben nach ihrer aktiven Karriere so fit wie Andreas Goldberger. Was Hobbysportler von ihm abschauen können.
Nicht alle Spitzensportler bleiben nach ihrer Karriere so fit wie Andi Goldberger. Was Hobbysportler lernen können.
SN: Sie sind vor allem als Ausdauersportler außergewöhnlich fit und nehmen sogar an Extremsportveranstaltungen teil. Was treibt Sie an? Goldberger: Ich bin gern in der Natur. Und wenn man einmal Wettkampfsportler war, dann benötigt man schon ab und zu einen Reiz, um sich zu messen oder sich zu überwinden.
Wenn ich länger keinen Sport mache, dann laufe ich nicht rund. Für mich ist Sport Erholung, mir geht es dann einfach besser. SN: Als Skispringer benötigt man vor allem Schnellkraft, da ist übermäßiges Ausdauertraining nicht so gut. Wie haben Sie das für sich entdeckt? Mich hat der Ausdauersport immer schon interessiert. Ich mache auch andere Sportarten, wie Tennis oder Squash, aber Radfahren ist einfach eine tolle Sache und für die Gelenke am schonendsten, egal ob mit dem Mountainbike oder dem Rennrad. Ich trainiere aber nicht mehr nach Plan wie früher. SN: Reicht das Ausdauertraining auch für die Kamerasprünge im Winter? Natürlich mache ich ab und zu Maximalkrafttraining oder Hürdensprünge. Das ist im Winter schon hin und wieder notwendig. Aber sonst trainiere ich nicht mehr wie früher. Die Schnellkraft leidet natürlich durch das Ausdauertraining, aber ich muss ja keine Schanzenrekorde mehr springen. SN: Wie viele Stunden trainiert ein Andi Goldberger heute? Das ist sehr unterschiedlich. Derzeit lerne ich für einen Instruktorkurs, da ist es natürlich weniger. Ich schreibe auch nicht mehr zusammen, wie viel ich wann trainiere. Umgekehrt gibt es dann aber auch Phasen, in denen ich extrem viel mache. Ich würde natürlich immer gern mehr machen, aber es kommt schon einiges zusammen. SN: An Motivation fehlt es also nicht? Bei mir ist es eher umgekehrt. Mich muss man eher bremsen, wenn es manchmal gescheiter wäre, einmal nichts zu tun. Aber im Grund habe ich mich aufgrund langer Trainingserfahrung schon im Griff, um Überbelastungen zu vermeiden. Ich übertreibe es dann, wenn ich einen verrückten Wettkampf mitmache, weil man das nicht so gewöhnt ist und meistens irgendwie büßt. SN: Was können Sie als Motivationshilfe jenen mitgeben, die sich kaum zu Bewegung aufraffen können? Ich merke es einfach bei mir, wenn ich Sport mache: Der Kreislauf ist in Schwung, ich fühle mich wohler, ich bin geistig aktiver, wacher, konzentrierter, alles funktioniert bei mir besser. Wenn ich einen Tag nichts mache, weil ich lernen muss, ist das mühsamer, weil ich nicht so in die Gänge komme.
Das Tolle beim Sport ist auch das Gefühl danach: Du bist zufriedener und ausgeglichener, es läuft alles runder. Wenn ich nichts mache, dann zwickt es da und dort ein wenig und wenn ich mich dann wieder bewege, dann ist das einfach klass. Einfach nur vom Berg runterschauen zum Beispiel, wenn man raufgelaufen oder mit dem Rad hinaufgefahren ist. Man hat das Gefühl, etwas geschafft zu haben, das einem taugt. SN: Spitzensportler müssen sich Ziele setzen. Machen Sie das heute auch noch, um dem inneren Schweinehund keine Chance zu lassen? Nicht mehr so arg. Ich melde mich dann aber immer wieder zu Sportveranstaltungen an, so ganz blöden oder argen. Und dann weißt du, wenn du nichts tust, wird das nicht lustig.
Ich sage dann aber zum Beispiel nicht, ich nehme am Ötztaler Radmarathon teil (238 Kilometer, 5500 Höhenmeter, Anm.) und will unbedingt unter acht Stunden fahren. Da wirst narrisch, da müsste man zu viel Zeit investieren. Ich will durchkommen und schon eine gute Zeit für mich selbst fahren. Da muss man dann ohnehin einiges dafür tun. SN: Welche Tricks haben Sie da für sich selbst parat, um ein Motivationstief gar nicht erst aufkommen zu lassen? Wenn man einmal müde ist oder das Wetter nicht so schön ist, dann setze ich mich halt nicht auf das Rad, sondern tue etwas anderes. Man kann ja immer etwas machen, dann gehe ich eben laufen oder ins Fitnessstudio. Ich suche mir eine Alternative. SN: Und wenn Sie einmal gemütlich im Sofa sitzen: Kommen Sie da immer leicht heraus? Nein, das ist für mich überhaupt kein Problem. Gefährlich wird es, wenn man einmal im Modus des Nichtstuns drinnen ist. Dann sich wieder aufzuraffen ist schwer, weil am Anfang nichts weitergeht, weil man konditionell schlecht beinander ist, da wird es sehr hart und ist gar nicht lustig. Aber jetzt mit den E-Bikes zum Beispiel, das muss den Leuten ja taugen. Ich weiß einfach, wenn ich etwas getan habe, geht es mir besser. SN: Wie schaffen Sie es, den Sport in Ihrem sicher dichten Alltag unterzubringen? Das geht immer irgendwie, dafür muss man Zeit finden. Ich benötige dafür auch keinen Terminkalender wie früher, wo ich genaue Trainingspläne hatte. Aber ich plane schon ein wenig, wenn ich mir zum Beispiel den Wetterbericht für die kommende Woche anschaue. Dann weiß ich schon, was man alles tun könnte. Wenn eine schöne Woche bevorsteht, bekomme ich schon Stress, weil ich ja andere Dinge auch zu erledigen habe. SN: Wie vereinbaren Sie das mit der Familie? Wir machen sehr viel mit den Kindern gemeinsam. Dann kommt beim Rad einfach ein Anhänger dazu oder ich trage die Kinder am Rücken auf den Berg.
Ich bemühe mich auch, so viel wie möglich Bewegung in den Alltag zu integrieren. Man muss ja nicht immer mit dem Lift fahren oder man geht einmal zu Fuß. Gerade in der Stadt muss man nicht alles mit dem Auto erledigen. Die Parkplatzsuche dauert oft länger, als ein Stück zu Fuß zu gehen. SN: Welches „verrückte“sportliche Ziel steht heuer auf dem Programm? Ich fahre zum Beispiel wieder den Ötztaler Radmarathon, weil ich mit einem Freund im Vorjahr nicht genug bekommen habe. Da hatte es so ein Sauwetter, dass ich gesagt habe, hier nie wieder zu fahren. Aber jetzt heißt die Devise: Bei schönem Wetter müssen wir ihn auch fahren.
Aber auch das Red Bull 400 die Schanze in Bischofshofen hinauf steht auf dem Programm. Das ist kurz und sehr intensiv. Aber als ehemaliger Skispringer muss man da schon dabei sein.