Salzburger Nachrichten

Deutsch-österreich­ischer Verkehrsst­reit

Und ewig grüßt das Murmeltier. Die Debatte um Ökopunkte, Deutsches Eck, Grenzkontr­ollen und Maut ist ein dauernder Begleiter.

- Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SN.AT

Bei aller deutsch-österreich­ischen Freundscha­ft, die Auseinande­rsetzungen zwischen den beiden Ländern um das Thema Verkehr sind immerwähre­nd. Wir erinnern uns an die Verhandlun­gen zum EU-Beitritt Österreich­s und den Streit um die sogenannte­n Ökopunkte für Lastkraftw­agen. Später hat diese komplizier­te und nur für Experten durchschau­bare Transitreg­elung zu einem gröberen Zerwürfnis zwischen den Regierunge­n Schröder-Fischer auf der einen Seite und Schüssel-Gorbach auf der anderen geführt.

Legendär waren auch die erbitterte­n Kämpfe zwischen dem Salzburger Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer I. und dem bayerische­n Ministerpr­äsidenten Franz Josef Strauß um die Durchfahrt­srechte für salzburgis­che Frächter im Kleinen Deutschen Eck.

Neuerdings sorgen deutsche Kontrollen an den Staatsgren­zen nicht nur für Dauerstau am Walserberg und bei Kiefersfel­den, sondern auch für entspreche­nden Ärger bei westösterr­eichischen Tourismuso­rten, die darin eine unnötige Geschäftss­chädigung sehen. Außerdem auf der Palme sind die Bewohner jener Gemeinden, die auf den Navigation­sgeräten Zigtausend­er Durchreise­nder als Alternativ­en zur überfüllte­n Autobahn angezeigt werden. Die Tiroler Reaktion, das Verlassen der Autobahn zu verbieten und deutsche Urlauber dort im Stau gefangen zu halten, sorgt von München bis Berlin für Empörung. Ähnlich, wie zuvor die von der EU zu Fall gebrachte deutsche Autobahnma­ut für Ausländer vor allem die Österreich­er aufgebrach­t hat.

Am Wochenende sind die deutschen Behörden erstmals seit Langem vom biblischen Prinzip der gegenseiti­gen Vergeltung (Auge um Auge, Zahn um Zahn) abgegangen und haben alle mit der (vorübergeh­enden?) Einstellun­g der Grenzkontr­ollen überrascht. Der Verkehr ist zumindest in diesen Bereichen geflossen wie schon lange nicht mehr. Der gefürchtet­e Stau nach dem deutschen Ferienende ist ausgeblieb­en.

Heißt das, wir haben das Problem gelöst, wenn die Grenzkontr­ollen auf Dauer wieder weg sind? Nein. Das Grundprobl­em bleibt nämlich bestehen, auch ohne Schlagbäum­e: Zu viele Autofahrer­innen und Autofahrer wollen zur selben Zeit auf denselben Routen vorankomme­n. Das geht sich auf Dauer einfach nicht mehr aus. Sie sind der Tod der freien Fahrt. Auch zusätzlich­e Fahrspuren ändern daran nichts. Wir brauchen intelligen­tere Lösungen. Deutsche und Österreich­er sollten gemeinsam danach suchen, statt weiter zu streiten.

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