Einmischung der Iraner geht vielen zu weit
Mit Unterstützung der USA und Israels versucht Russland offenbar, den Einfluss des Irans im Bürgerkriegsland Syrien zu begrenzen.
BEIRUT. Die Spezialeinheiten des russischen Militärnachrichtendienstes (GRU) kamen unangemeldet. Unterstützt von syrischen Elitesoldaten besetzten sie jüngst ein ziviles Dock im Marinehafen von Tartus und vertrieben die dort stationierten Schiitenmilizen. Diese wollten den strategisch wichtigen Hafen ausbauen und zur Versorgung iranischer Streitkräfte im Mittelmeer nutzen. Eine solche Vereinbarung zwischen Damaskus und Teheran war von der russischen Regierung jedoch strikt zurückgewiesen – und nun mit Waffengewalt zunichte gemacht worden.
Die spektakuläre Militäraktion im Hafen von Tartus ist der vorläufige Höhepunkt einer Reihe von Zusammenstößen zwischen prorussischen und proiranischen Kräften in Syrien. Letztere seien in dem Bürgerkriegsland derart tief verwurzelt, dass sie die Kampfkraft der regulären syrischen Streitkräfte „ernstlich beeinträchtigten“, betont der russische Militärexperte Kirill Semenov im Beiruter Internetportal „Al Monitor“. Moskau bemühe sich deshalb, den militärischen Einfluss des Irans in Syrien zu vermindern und eine neue Kommandostruktur ohne Beteiligung iranischer Revolutionsgardisten und Schiitenmilizen aufzubauen.
Schiitische Milizenführer sowie Generäle der iranischen Revolutionsgardisten besitzen in Syrien mittlerweile riesige Ländereien, Fabriken sowie lukrative Steinbrüche. Zudem wurde ihnen als Dank für ihre „Schützenhilfe“beim Kampf gegen dschihadistische Rebellen der gestohlene Immobilienbesitz geflüchteter sunnitischer Syrer überschrieben. Laut Semenov macht die von Moskau eingeleitete Abgrenzung vom Iran inzwischen konkrete Fortschritte. So werde die russisch-syrische Offensive in der Provinz Idlib erstmals ohne die Unterstützung iranischer Revolutionsgardisten oder schiitischer Milizen durchgeführt. Auch in Damaskus würden die Iraner zunehmend als „Last“betrachtet. Aber bald sei mit deren Abzug nicht zu rechnen. Mit der iranischen Präsenz in Syrien befassten sich auch die Sicherheitsberater der USA, Russlands und Israels, John Bolton, Nikolej Patruschew und Meir Ben-Shabbat, bei ihrem Treffen am Wochenende in Jerusalem. Ein US-Regierungsvertreter versicherte, dass „Russland mittlerweile zugänglicher als in der Vergangenheit für die Sorgen der USA über den Einfluss des Irans in Syrien“sei. Gemeinsame Berührungspunkte sehen Israel, Russland und die USA vor allem in Syrien. Laut der saudischen Zeitung „Al Schark al Aussat“denken die USA darüber nach, Russland ein „aktives Vorgehen gegen den Iran in Syrien“mit der Aufhebung von Sanktionen schmackhaft zu machen. In der Diskussion sei zudem die diplomatische Anerkennung des Assad-Regimes durch die USA, Israel und Saudi-Arabien, falls sich der syrische Diktator im Gegenzug vom Iran abgrenzt und einen Abzug der Schiitenmilizen einleitet. Riad und Abu Dhabi könnten in diesem Fall den Wiederaufbau von Syrien mit Milliardenbeträgen unterstützen.