Doktor Zum ohne E-Card
Wo gehen Obdachlose zum Arzt? Nachdem sich der mobile Virgilbus bewährt hat, plant der Initiator jetzt den nächsten Schritt: eine Virgil-Ambulanz.
Sonntagabend, 19 Uhr. Die Mannschaft des Virgilbusses ist bereit. Wie jede Woche fahren die ehrenamtlichen Ärzte und Sanitäter mit einem Rettungsauto zu den Obdachlosen, um bis etwa 22 Uhr kostenlos medizinische Hilfe anzubieten. Die Tour führt vom Mirabellgarten zum Haus Franziskus der Caritas nach Parsch.
Seit viereinhalb Jahren rückt der Virgilbus jeden Sonntagabend an. Im Vorjahr wurden 434 Patienten gezählt und 931 Behandlungen durchgeführt. Im Schnitt kommen an einem Sonntagabend rund 15 Patienten und bitten um Hilfe. Das reicht von Infekten bis zu Gelenks- oder Zahnschmerzen. 36 Ärzte arbeiten ehrenamtlich und wechseln sich ab. Rotes Kreuz, Malteser und Samariterbund stellen abwechselnd das Rettungsauto plus Sanitäter zur Verfügung. Die Apothekerkammer stellt die Medikamente kostenlos bereit. Die Diakonie übernimmt Abrechnung und Administration, die Caritas Koordination und den Einsatz eines Dolmetschers.
Initiator des Virgilbusses war 2014 Sebastian Huber, selbst von Beruf Internist und mittlerweile Zweiter Landtagspräsident und Neos-Politiker. „Wir sehen beim Virgilbus an den Folgebehandlungen, dass die Zahlen von Jahr zu Jahr steigen“, sagt Huber. Im Virgilbus könne man medizinisch nur das Notwendigste machen. „Es kommen aber viele Patienten mit chronischen Erkrankungen, etwa Blutzucker, oder offenen Wunden. Die bräuchten eigentlich eine durchgängige Behandlung. Und je früher das passiert, umso günstiger ist es für das Gesundheitssystem.“Denn diese Patienten würden ansonsten im Spital landen. Und ein Spitalsbett koste deutlich mehr als eine ambulante Versorgung.
Daher will Huber nun den nächsten Schritt setzen. Nach viereinhalb Jahren schwebt ihm eine Virgil-Ambulanz vor. „Es wäre eine normale allgemeinmedizinische Ordination, wo Ärzte für Nichtversicherte und für Versicherte zur Verfügung stehen. Denn ohne E-Card kann man derzeit nirgends hin. Und selbst wenn man eine hat, trauen sich viele oft nicht in eine Ordination – aus Scham“, sagt Huber.
Vorbild für den Virgilbus war damals der Louisebus in Wien. Und auch diesmal gibt es Beispiele aus anderen Bundesländern,
„Viele trauen sich nicht in eine normale Ordination.“
an denen sich Sebastian Huber orientiert: Das Neunerhaus eines Vereins in Wien etwa oder die Marienambulanz der Caritas in Graz. „Die Frage ist, ob es auch in Salzburg Bedarf nach einer solchen Einrichtung gibt. Zahlen zu Betroffenen gibt es keine, weil die Sozialversicherung nur die Versi
cherten zählt. Aber es gibt eine erkleckliche Anzahl jener, die aus dem Sozialversicherungssystem rausgefallen sind“, sagt Huber. Und man habe Erfahrungen mit dem Virgilbus.
Huber ist nun auf der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten für eine Ordination. Und die müsse sich dort ansiedeln, wo die Klientel sich befinde, also in der Nähe des Hauptbahnhofs. „Ich könnte mir vorstellen, dass die Virgil-Ambulanz 20 bis 30 Stunden pro Woche offen hat.“Dazu brauche es zwei fix angestellte Kollegen. Und Geld. Erste Gespräche mit Stadt und Land seien bereits erfolgt. Sozialstadträtin Anja Hagenauer (SPÖ) sagt, ihre Türen stünden offen. Der Virgilbus sei eine sehr gute Einrichtung. „Wir sehen, dass das notwendig war. Die Stadt leistet hier von Anfang an ihren Beitrag.“Sie könne sich gut vorstellen, dass die Stadt auch für eine Virgil-Ambulanz einen Teil beisteuere.