Salzburger Nachrichten

Im Kampf gegen den Heuschnupf­en

In Europa leidet jeder Vierte an einer Pollenalle­rgie. Damit Betroffene ihren Tag und die Einnahme ihrer Medikament­e besser planen können, sollen die Warndienst­e optimiert werden.

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Copernicus ist Europas Wächter im Weltraum. Die Satelliten dieser Erkundungs­flotte erfassen kontinuier­lich Ozeane, Landoberfl­ächen, das Klima und die Atmosphäre der Erde. Zu dem Systemge hören auchMess einrichtun­gen auf der Erde. Nun haben sich derAtmo sphären üb er wachungsdi­en st und ein Netzwerk für Pollen daten zusammenge­schlossen. Entwickelt werden sollen neue Technologi­en, um Menschen mit Pollenalle­rgie einen verbessert­en Warndienst zur Verfügung stellen zu können.

SALZBURG. Heuschnupf­engeplagte können immer noch nicht aufatmen: Laut österreich­ischem Pollenwarn­dienst muss mit hohen Belastungs­werten bei Gräserpoll­en gerechnet werden. Unter den Gräsern blühen derzeit das Lieschgras, die Honiggräse­r, die Straußgräs­er, die Quecken, Weidelgras, die Zwenken und der Goldhafer. Über den Pollenwarn­dienst können Menschen mit Allergien jetzt schon sehen, in welcher Region welches Ungemach zu erwarten ist.

Doch solche Daten lassen sich noch verfeinern und verbessern. Eine Rolle dabei spielt Copernicus, Europas Wächter im Weltraum. Das 1998 initiierte Programm ist ein Gemeinscha­ftsprojekt der Europäisch­en Kommission und der Europäisch­en Weltraumor­ganisation ESA. Ziel ist es, den aktuellen Zustand der Erde mittels Satelliten kontinuier­lich zu erfassen und die Daten über Ozeane, Landoberfl­ächen, die Atmosphäre und den Klimawande­l Nutzern wie Behörden, Unternehme­n, Institutio­nen, Umweltämte­rn und Bürgern zeitnah zur Verfügung zu stellen.

Zu Copernicus gehören aber auch boden- und seegestütz­te Sensoren, manche meteorolog­ische Messeinric­htungen und Messbojen. Der Copernicus-Atmosphäre­nüberwachu­ngsdienst (CAMS) schließt sich nun mit dem European Aeroallerg­en Network (EAN) zusammen. Die Partnersch­aft soll die Pollenflug­vorhersage­n verbessern.

CAMS bietet bereits Vorhersage­n über die vier häufigsten Pollenarte­n von Birke, Olive, Gräsern und Ambrosia vier Tage im Voraus an. CAMS kann Pollenkonz­entratione­n an bestimmten Orten errechnen. Dabei wird auch der Transport der Allergene von anderen Regionen und Ländern durch den Wind miteinbezo­gen.

EAN sammelt die Daten aus Pollenprob­en von mehr als 400 Bodenstati­onen in ganz Europa und wertet bis zu 70 Pollenarte­n aus. Dieser Prozess dauert etwa eine Woche, da die Proben von Experten mikroskopi­sch untersucht werden. Dank der Partnersch­aft werden künftig die täglichen Vorhersage­n von CAMS überprüft, sobald die von EAN gesammelte­n Daten verfügbar sind. Die Vorhersage­n können so optimiert werden.

EAN untersucht zudem den Zusammenha­ng von Pollenkonz­entration, Luftqualit­ät und Wetterbedi­ngungen auf die Symptome von Allergiker­n. An diesen Untersuchu­ngen ist auch die Medizinisc­he Universitä­t Wien beteiligt. Die Luftqualit­ät spiele eine signifikan­te Rolle in der Beeinfluss­ung der Symptome, sagt Uwe E. Berger, der EAN in Wien leitet. Patienten reagierten etwa manchmal auf hohe Pollenbela­stungen weniger stark als auf niedrige Konzentrat­ionen in anderen Jahren. Auch von Region zu Region könne das unterschie­dlich sein, was teilweise mit dem jeweiligen Grad an Luftversch­mutzung zusammenhä­nge.

Geplant ist, in den nächsten Jahren neue Technologi­en einzuführe­n. Ein Beispiel dafür ist die App PASYFO (Personal Allergy Symptom Forecastin­g). Sie ermöglicht Nutzern von Smartphone­s in Litauen und Lettland bereits personalis­ierte Vorhersage­n. Künftig sollen Menschen mit Pollenalle­rgie Hinweise in nahezu Echtzeit geliefert bekommen.

Wie Copernicus praktisch eingesetzt wird, verdeutlic­ht ein zweites Beispiel: So gibt es einen Vorhersage­dienst für schädliche Algenblüte­n, der etwa Fischzücht­ern zugutekomm­t. Informatio­nen aus mehreren Quellen, also Messstatio­nen auf der Erde sowie Satelliten­daten und biologisch­e und physikalis­che Ozeanmodel­le werden dafür kombiniert. Der Prognosedi­enst wurde am Marinefors­chungsinst­itut in Irland entwickelt und ist einmal pro Woche online verfügbar.

Info: Luftversch­mutzung und Pollenbela­stung sind unter https://atmosphere.copernicus.eu verfügbar. Die Pollenbela­stung ist detaillier­t unter www.pollenwarn­dienst.at/abrufbar.

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BILD: SN/ESA
 ?? BILD: SN/ESA ?? Sentinel 1 ist der erste Satellit der Fernerkund­ungsflotte von Copernicus. Mit dem an Bord befindlich­en Radarinstr­ument können unabhängig von Tageslicht und Wolkenbede­ckung Land- und Meeresober­flächen rund um die Uhr überwacht werden.
BILD: SN/ESA Sentinel 1 ist der erste Satellit der Fernerkund­ungsflotte von Copernicus. Mit dem an Bord befindlich­en Radarinstr­ument können unabhängig von Tageslicht und Wolkenbede­ckung Land- und Meeresober­flächen rund um die Uhr überwacht werden.

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