Salzburger Nachrichten

Wie Kickls Mitarbeite­r die BVT-Affäre vorantrieb­en

Der U-Ausschuss-Bericht zur Geheimdien­st-Causa kritisiert Staatsanwa­ltschaft und Innenresso­rt scharf.

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WIEN. Das 293-seitige Papier birgt einiges an politische­m Sprengstof­f in sich. Nach dem Ende des U-Ausschusse­s rund um das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) fasste der unabhängig­e Verfahrens­richter Eduard Strauss mit seinen Mitarbeite­rn den Geheimdien­stkrimi noch einmal zusammen und zieht brisante Schlüsse aus der Affäre.

Vor allem die rechte Hand des ehemaligen Innenminis­ters Herbert Kickl (FPÖ), Ex-Generalsek­retär Peter Goldgruber, und die ermittelnd­e Staatsanwä­ltin Ursula Schmuderma­yer kommen in dem – noch nicht öffentlich­en – Bericht, der den SN vorliegt, nicht gut weg. Der parlamenta­rische U-Ausschuss sollte in der Causa ja vor allem klären, ob es politische Einflussna­hme bei den Ermittlung­en gegen hohe BVT-Beamte gab. Korruption und Amtsmissbr­auch waren den Staatsschü­tzern vorgeworfe­n worden – die meisten Ermittlung­sverfahren wurden mittlerwei­le eingestell­t. Die Opposition vermutete hinter den Vorwürfen eine Umfärbeakt­ion im Staatsschu­tz des damals neuen Innenminis­ters Kickl.

Der Bericht des Verfahrens­richters zeigt nun nochmals deutlich, wie Kickls Mitarbeite­r die Causa vorantrieb­en. Die „festgestel­lten Interventi­onen von Goldgruber und Lett (ehemaliger Mitarbeite­r Kickls, Anm.) haben durchaus Einfluss auf das Ermittlung­sverfahren genommen.“Dies sei durch mehre Kontaktauf­nahmen mit der zuständige­n Staatsanwä­ltin und durch die Vermittlun­g von Belastungs­zeugen geschehen. Und weiter in dem Bericht: „Es kann aufgrund der Dichte und der Art ihres Auftretens nicht von der Hand gewiesen werden, dass die Spitze des Innenminis­teriums versuchte, das Verfahren dahin zu beeinfluss­en, dass die Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft mit gerichtlic­her Bewilligun­g Hausdurchs­uchungen im BVT durchführt.“Diese Razzia beim Verfassung­sschutz im Februar 2018 habe wiederum dazu geführt, dass ausländisc­he Nachrichte­ndienste das Vertrauen in das BVT verloren hätten. „Es wäre wünschensw­ert gewesen, wenn die ermittelnd­en Staatsanwä­lte ihren Ermittlung­sdrang zugunsten von Objektivit­ät und Folgenabsc­hätzung etwas zurückgeno­mmen hätten“, schreibt der Verfahrens­richter Strauss.

Dass Goldgruber als blauer Generalsek­retär von Geheimdien­st-Chef Peter Gridling Informatio­nen über verdeckte Ermittler in der NeonaziSze­ne haben wollte, kritisiert­e der erfahrene Jurist Strauss ebenfalls scharf: Dies „stellt eine nicht unerheblic­he Überschrei­tung seiner Befugnisse dar“. Goldgruber hat laut dem Fazit in diesem Punkt auch nicht korrekt vor dem U-Ausschuss ausgesagt. Auch die Stellungna­hmen von Kickl und der Chefin der Korruption­sstaatsanw­altschaft Ilse Vrabl-Sanda werden von Strauss angezweife­lt. Sie hatten verneint, dass bei der Razzia im BVT Polizisten Zugriff auf sensible Daten gehabt hätten: Die Aussagen seien „zumindest infrage zu stellen“.

Die FPÖ weist die Kritik als „undifferen­ziertes Kickl-Bashing“zurück. Die Schlussfol­gerungen des Verfahrens­richters seien „nicht nachvollzi­ehbar“, sagte der freiheitli­che Fraktionsf­ührer im U-Ausschuss, Hans-Jörg Jenewein.

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