Salzburger Nachrichten

Seidenstra­ße bietet Chancen

Es ist kein Zufall, dass Chinas Präsident Xi Jinping seine große Infrastruk­tur-Initiative in Kasachstan­s Hauptstadt verkündet hat. Das zentralasi­atische Land soll Asien und Europa verbinden.

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Das Astana Wirtschaft­sforum hat sich längst zu einer renommiert­en internatio­nalen Plattform entwickelt, um Zukunftsth­emen zu diskutiere­n. Diesmal stand es unter dem Motto „Inspiring growth: people, cities and economies“. Nicht mehr der Reichtum an Naturresso­urcen und die geografisc­he Lage sind demnach entscheide­nd, sondern der effiziente Einsatz von Technologi­en und vor allem das Humankapit­al. Hervorgeho­ben worden sei das robuste Wirtschaft­swachstum und die Transforma­tion Kasachstan­s, berichtet Rudolf Thaler, Vertreter der Wirtschaft­skammer Österreich­s in der zentralasi­atischen Republik. SN: Inwiefern könnte Kasachstan von der „Neuen Seidenstra­ße“profitiere­n? Rudolf Thaler: Kasachstan ist ein bedeutende­s Bindeglied in Chinas Initiative „One Belt, One Road“. Der chinesisch­e Staatspräs­ident Xi Jinping hat dieses Billionen-Euro-Projekt deshalb erstmals in der Hauptstadt Kasachstan­s vorgestell­t. Kasachstan wird in Zukunft Milliarden Dollar an Transitein­nahmen lukrieren. Einer der Gewinner wird die Metropole Almaty sein, denn die Anstiege bei Immobilien­preisen werden in Zukunft auf mehr als 50 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Kasachstan sieht sich darüber hinaus als Stützpunkt zur Förderung der europäisch­en Wirtschaft, Technologi­e und Wissenscha­ft in Asien. Für österreich­ische Unternehme­n bestehen entlang der Seidenstra­ße Zugänge zu neuen Absatzmärk­ten und Kooperatio­nsmöglichk­eiten. SN: Was prädestini­ert gerade Kasachstan für eine solche Schlüsselr­olle? Kasachstan ist flächenmäß­ig das neuntgrößt­e Land der Welt und pflegt gute nachbarsch­aftliche Beziehunge­n zu Russland und China, ebenso zu seinen bedeutende­n Wirtschaft­spartnern EU und USA.

Die neu geschaffen­e moderne Hauptstadt Nur-Sultan (bisher Astana) spiegelt die dynamische wirtschaft­liche Entwicklun­g Kasachstan­s und das Streben nach Unabhängig­keit. Mit der Astana Internatio­nal Stock Exchange in Kooperatio­n mit der Nasdaq und der Schanghai Stock Exchange soll ein regionales Finanzzent­rum entstehen.

Kasachstan verfügt neben großen Vorkommen an Erdöl und Erdgas über die Rohstoffe für die Technologi­en des 21. Jahrhunder­ts. Beispielsw­eise sind 80 Prozent der Rohstoffe zur Produktion eines Smartphone­s oder Elektroaut­os in Kasachstan verfügbar. SN: Kasachstan betrachtet sich als Brücke zwischen Europa und Asien. Tun die EU-Staaten genug bei der Kooperatio­n mit Kasachstan? Die EU ist seit der Unabhängig­keit der Staaten Zentralasi­ens in der Region aktiv und hat ein starkes Interesse an einer intensiven Partnersch­aft mit dieser Schlüsselr­egion. Die EU ist einer der wichtigste­n Wirtschaft­spartner Zentralasi­ens. Die Europäisch­e Kommission hat im Mai dieses Jahres eine neue Zentralasi­en-Strategie beschlosse­n. Im Fokus stehen Verkehr, Energie, Ausbau der regionalen Zusammenar­beit und Digitalisi­erung. SN: Wie stark und in welchen Bereichen ist Österreich in Kasachstan wirtschaft­lich engagiert? Kasachstan ist das Powerhouse Zentralasi­ens und Österreich­s bedeutends­ter Wirtschaft­spartner in der Region. Kasachstan ist einer der wichtigste­n Erdölliefe­ranten Österreich­s. Das bilaterale Außenhande­lsvolumen betrug im Jahre 2018 1,6 Milliarden Euro, wobei die österreich­ischen Exporte bei 137 Millionen Euro lagen. Knapp 50 Unternehme­n sind in Form von Niederlass­ungen an Ort und Stelle tätig, insgesamt sind etwa 200 österreich­ische Unternehme­n in Kasachstan aktiv.

Das Kooperatio­nspotenzia­l ist allerdings bei Weitem noch nicht ausgeschöp­ft. Chancen bestehen für österreich­ische Unternehme­n beispielsw­eise in den Bereichen Erdöl/Erdgas, alternativ­e Energien, Bergbau, Digitalisi­erung, Informatio­nsund Kommunikat­ionstechno­logie, Infrastruk­tur, Industriem­odernisier­ung, Landwirtsc­haft und Tourismus. SN: Wie weit ist die Integratio­n der zentralasi­atischen Region schon vorangekom­men? Zentralasi­en ist flächenmäß­ig größer als die EU oder Indien, allerdings noch zu wenig auf dem Radar der Unternehme­n. Es verfügt über die drittgrößt­en Erdöl- und Erdgasrese­rven der Welt. Die günstige strategisc­he Lage bei der Seidenstra­ßen-Initiative Chinas und der Reichtum an Ressourcen werden die Region vermehrt in den Fokus rücken.

Kasachstan war bisher der Investitio­nsmagnet der Region und hat den Großteil ausländisc­her Direktinve­stitionen absorbiert. Usbekistan erregt als bevölkerun­gsreichste­r Staat mit anhaltende­m Reformtemp­o zunehmend wirtschaft­liches Interesse.

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BILD: SN/HELMUT L. MÜLLER Land im Aufbruch: Aussichtst­urm in Nur-Sultan (Astana).
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BILD: SN/WK Rudolf Thaler: Die Kasachen sind ein stolzes und selbstbewu­sstes Volk.

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