Die ÖVP hat nur mit Kickl ein Problem
Türkis-Blau derzeit wahrscheinlichste nächste Koalition – aber ohne Kickl in der Regierung.
Für die ÖVP ist nicht nur ein Innenminister Herbert Kickl kein Thema mehr. Sie will Kickl überhaupt nicht mehr als Mitglied in einer Regierung akzeptieren, wie der Wiener ÖVP-Chef und Kurz-Vertraute Gernot Blümel am Sonntag andeutete. „Die FPÖ hat sich entschieden, den Weg nicht mit uns, sondern mit Kickl zu gehen. Wenn dieser Weg weiterverfolgt wird, ist es völlig wurscht, auf welchem Sessel Kickl sitzt, das geht sich dann einfach nicht aus“, sagte er.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat bereits in der Vorwoche ausgeschlossen, dass er Kickl noch einmal als Innenminister angeloben würde. Zuvor hatte schon ÖVP-Chef Sebastian Kurz gemeint, dass es im Falle einer Neuauflage von Türkis-Blau keinen Innenminister Kickl mehr geben werde. Die Personalie Herbert Kickl ist jedenfalls das einzige gröbere Hindernis, das einer möglichen Neuauflage von Türkis-Blau im Wege stehen könnte. Und diese Variante ist nach wie vor die wahrscheinlichste – wie auch der Blick auf aktuelle Umfragen zeigt.
FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky wies Blümels Aussagen umgehend zurück: „Die gezeigte Strategie, die FPÖ und ihre Wähler in einen Hofer- und einen Kickl-Block auseinanderzudividieren, wird nicht aufgehen.“Kickl habe fantastische Arbeit geleistet, sagte Vilimsky, der im Gegenzug vor Schwarz-Grün warnte.
Dass Herbert Kickl nicht wieder Innenminister wird, hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen bereits in der Vorwoche klargestellt. Er würde ihn nicht angeloben, meinte Van der Bellen. In der ÖVP will man Kickl nicht nur als Innenminister nicht mehr, sondern möchte ihn gar nicht mehr in einer Regierung sehen. So sind jedenfalls die Worte von Ex-Staatssekretär und Kurz-Vertrautem Gernot Blümel zu verstehen: Wenn innerhalb der FPÖ der Kickl-Weg weiterverfolgt werde, „ist völlig wurscht, auf welchem Sessel Kickl sitzt, das geht sich dann einfach nicht aus“, sagte Blümel im Sonntags-„Kurier“.
Während FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky umgehend konterte, man werde sich nicht in Kicklund Hofer-FPÖ auseinanderdividieren lassen, ist Kickl selbst seit Tagen relativ schaumgebremst unterwegs. In Interviews vom Sonntag meinte er, er würde gern wieder Innenminister werden. Aber: „Koalitionsbedingung muss für uns sein, dass wir so wie in der Vergangenheit Schlüsselressorts in einer Bundesregierung besetzen. Das Innenministerium ist eines davon, denn irgendwelche Regierungs-Adabeis zu sein interessiert uns nicht“, sagte der nunmehr geschäftsführende FPÖ-Klubobmann. Also kein Wort, dass er selbst eines dieser Schlüsselressorts besetzen müsse.
Tatsächlich ist eine Neuauflage von Türkis-Blau die aktuell wahrscheinlichste Koalitionsvariante. Zum einen rechnerisch: Laut jüngsten Umfragen steht die ÖVP stabil bei 37 Prozent, FPÖ und SPÖ liefern sich ein Match um Platz zwei rund um je 20 Prozent. Zweitens, weil die beiden Parteien inhaltlich rasch wieder zueinanderfinden würden – jedenfalls wesentlich rascher als ÖVP und SPÖ. Der Grund für das Aus von Türkis-Blau war ja kein sachlich-inhaltlicher gewesen, sondern die Ibiza-Affäre und ihre Folgen: der Rücktritt von Heinz-Christian Strache als Vizekanzler und FPÖ-Chef und vor allem die dann folgende Entlassung Kickls als Innenminister.
Die Personalie Herbert Kickl ist es auch, die zum größten Hindernis für eine Neuauflage der alten Regierung werden könnte. Umgekehrt formuliert es Meinungsforscher Peter Hajek im APA-Gespräch: Er könne sich nicht vorstellen, woran eine ÖVP-FPÖ-Koalition scheitern sollte, „sofern die Personalie Herbert Kickl besprochen ist“. Die Umfragen zeigen jedenfalls eine relativ stabile Lage: Ein deutlicher Vorsprung der ÖVP auf SPÖ und FPÖ, wobei die FPÖ in der jüngsten Umfrage von unique research sogar knapp vor den Sozialdemokraten liegt (21 Prozent, SPÖ: 20). Die Grünen werden mit elf Prozent ausgewiesen, die Neos mit neun Prozent.
Theoretisch könnte sich also angesichts der Schwankungsbreite (zwei bis drei Prozent) sogar Schwarz-Grün ausgehen. Wahrscheinlicher scheint da aber eine Dreierkoalition aus ÖVP, Grünen und Neos – was allerdings auch das Regieren erschweren würde. Was sich aktuell nicht ausgeht, ist eine rotblaue Koalition. Rot-Schwarz hätte auch eine Mehrheit, allerdings ist das eine der unbeliebteren Koalitionsvarianten – bei den Parteien und der Bevölkerung.