Wozu benötigen Parteien so viel Geld?
Das System der Parteienfinanzierung ist ein riesengroßer Irrtum. Denn ohne all die Millionen würde die Demokratie viel besser funktionieren.
Es kann kein Zufall sein, dass am Beginn dieses Wahlkampfs ein Thema ganz im Vordergrund steht: die Parteifinanzen. Zunächst beschlossen SPÖ, FPÖ und Liste Jetzt das Gesetz, mit dem die Großspenden an ÖVP und Neos verunmöglicht werden sollten. Dann konterten die Neos, indem sie sich noch rasch vor Inkrafttreten des Gesetzes 300.000 Euro von Hans Peter Haselsteiner spenden ließen und das Gesetz auch dadurch umgingen, dass sie Spender in „fördernde Mitglieder“umtauften. Und nun laufen auch noch gerichtliche Ermittlungen gegen insgesamt 13 Vereine, mit deren Hilfe ÖVP, SPÖ und FPÖ möglicherweise illegale Parteienfinanzierung verschleiern.
Warum dieses Thema gerade jetzt so heiß diskutiert wird, liegt auf der Hand: Wer mehr Geld hat, hat größere Chancen, die Wahlen zu gewinnen. Also versucht jede Partei, der jeweils anderen unter irgendeinem moralischen Vorwand den Geldhahn zuzudrehen. Selbst giert aber jede Partei in einer Weise nach Millionen, die im Vergleich selbst eine turbokapitalistische Heuschrecke wie einen harmlosen Marienkäfer wirken lässt.
Anscheinend ist den Parteien jedes Mittel recht, um an Geld heranzukommen. Dabei ist die legale Geldzuteilung ohnehin fürstlich. Mit 200 Millionen Euro pro Jahr ist die staatliche Parteienfinanzierung in Österreich so hoch wie in kaum einem anderen Land. Dazu kommen noch indirekte Subventionen wie etwa die aufgeblähten Ministerkabinette, die ebenfalls der Steuerzahler finanziert, obwohl sie den einzigen Zweck haben, die Verwaltung parteipolitisch in den Griff zu bekommen.
Auch aus den öffentlichen Werbebudgets bedienen sich die Politiker recht ungeniert. Man erinnert sich noch gut an den SPÖ-Kanzler, der es vor allem dadurch ins Amt schaffte, dass er einer Wiener Boulevardzeitung auf Steuerzahlers Kosten eine Werbebeilage von mehr als 40 (!) Seiten zuschanzte. Und erst vergangene Woche wurde bekannt, dass die ÖVP ihr Familienfest am 1. Mai mit 300.000 Euro aus Steuermitteln finanzierte.
Und trotzdem ist es nie genug. Trotzdem sind die Parteien immer auf der Suche nach neuen Geldquellen. Man fragt sich: Was machen sie nur mit all dem Geld?
Die Antwort ist relativ einfach: Sie machen Propaganda. Das liegt im Wesen des demokratischen Wettbewerbs begründet. Oberstes Ziel einer Partei ist es, erfolgreich zu sein und Wahlen zu gewinnen. Das ist auch völlig logisch, denn eine Partei, die nicht erfolgreich ist, kann nicht das tun, wofür sie gewählt wurde, nämlich ihre Politik durchsetzen. Daher wird dem Erfolg alles untergeordnet und jegliches Geld geopfert. Selbst die staatliche Förderung der Parteiakademien, die eigentlich der Bildungsarbeit der Parteien dienen sollte, fließt indirekt in die Propaganda, indem Parteimitarbeiter etwa darin geschult werden, besonders überzeugend zu sprechen. Weiteres Geld fließt in klassische Wahlkampfmittel wie Plakate, Werbebriefe, Internetaktivitäten, Wahlreisen, Wahlpartys und Wahlgeschenke – alles für die Werbung und die Propaganda.
Erhebliche Mittel verschlingen auch die Parteiapparate: Landesparteien, Bezirksbüros, Ortsgruppen, Vorfeldorganisationen – all das kostet Geld, viel Geld, ist aber für die Propaganda unverzichtbar. Denn nichts wirkt im Wahlkampf besser als der persönliche Kontakt zum Wähler. Daher investieren die Parteien Unsummen in Büros und Funktionäre, um permanent vor Ort zu sein.
Speziell im Wahlkampf kommt noch ein riesiger Ausgabenposten dazu – jener für Meinungsforscher und externe Wahlkampfberater. Bei den Meinungsforschern wird das Wissen darüber eingekauft, was ein guter Politiker ohnehin im Gefühl haben sollte, nämlich wo die Bürger der Schuh drückt. Und über das Wirken sündteurer Wahlkampfberater und Spin-Doktoren konnte man sich zuletzt 2017 ein unerfreuliches Bild machen.
Muss das alles sein? Demokratie darf Geld kosten, das ist keine Frage. Darüber, dass jedem Abgeordneten ein parlamentarischer Mitarbeiter bezahlt wird, braucht man nicht zu diskutieren. Das dient der Gesetzgebung. Aber wozu dient Propaganda? Doch nur dazu, vom eigentlichen Sinn und Zweck der Politik abzulenken: vom Wettbewerb der Ideen. Mit Millionen und Abermillionen wird dem Wähler ein Bild von Politik vorgegaukelt, das er sich durchaus auch selbst machen kann. Er braucht dazu nur die Arbeit der Parteien zu beobachten, ihre Programme zu lesen und ihr Spitzenpersonal zu beurteilen.
Bei diesen drei Tätigkeiten wird er durch die teure Propaganda der Parteien nicht unterstützt, sondern behindert. Die Demokratie würde viel besser funktionieren, wenn die Parteien weniger Geld zum Ausgeben hätten. WWW.SN.AT/PURGER