Erfolgsgeschichten brauchen eine mediale Bühne
Frauen sind in den Medien weiterhin stark unterrepräsentiert. Außer sie sind nackt oder tragen ein Kopftuch.
Liebe, Mode und Körperpflege. Das sind die großen Frauenthemen – zumindest wenn es nach österreichischen Medien geht. Die Agentur Media Affairs hat auch dieses Jahr die Sichtbarkeit von Frauen in sechs österreichischen Boulevard- und Qualitätszeitungen untersucht. Das Ergebnis ist ernüchternd: Frauen sind weiterhin stark unterrepräsentiert. Bei Wirtschaftsthemen sind 85 Prozent der gezeigten Personen männlich, ganz zu schweigen von der Sportberichterstattung, die zu 92 Prozent Männer zeigt. Dafür kommen Frauen oft bei Gesundheitsthemen, in Lifestyle-Geschichten oder als Models vor. Ein einziges Feld dominieren sie fast komplett: Werden nackte Menschen in Medien gezeigt, sind es zu 99 Prozent Frauen. Eine traurige Monopolstellung.
Wir scheinen also medial im Steinzeitalter der Gleichberechtigung stecken geblieben zu sein. Warum? An fehlender Expertise oder mangelndem Erfolg liegt es ganz sicher nicht, dass Frauen weniger oft in der Zeitung vorkommen als ihre männlichen Kollegen. Man denkt einfach nicht daran, dass es Frauen gibt, die mindestens genauso qualifiziert sind. Aber das ist ja ein alter Hut.
Man könnte auch meinen, die Leserinnen und Leser sind sich dessen bewusst und dass es deshalb egal ist, wen die Medien zeigen oder eben nicht zeigen. So einfach ist es nicht. Medien vermitteln Realität – also sollten sie diese auch so präzise wie möglich abbilden. Das ist nicht nur eine Frage von Qualität, sondern auch von Verantwortung. Und die Realität ist nun mal, dass mittlerweile ein Drittel der österreichischen Unternehmen von Frauen geführt wird, um nur eines von vielen Beispielen zu nennen. Frauen in Spitzenpositionen werden nie selbstverständlich sein, wenn ihre Erfolgsgeschichten keine mediale Bühne bekommen. Die „Salzburger Nachrichten“versuchen dem übrigens entgegenzuwirken und haben auf einen ganzen Kanal den Frauen gewidmet. Nachmachen erlaubt!
Die Studie von Media Affairs hat auch untersucht, welche frauenpolitischen Themen im Jahr 2018 am häufigsten in den Medien diskutiert wurden. Dabei zeigt sich, dass die Berichterstattung an der Lebensrealität vieler Frauen komplett vorbeigeht. Das am häufigsten diskutierte Frauenthema in den untersuchten Zeitungen war das Kopftuchverbot. Ist es das, worüber sich Millionen von Frauen in Österreich tagtäglich den Kopf zerbrechen? Mitnichten. Aber es polarisiert und bringt Klicks. Wo bleiben politische Themen wie die niedrigen Frauenpensionen, das Sexualstrafrecht oder die Vereinbarkeit von Beruf und Familie? Weit abgeschlagen. Es wäre an der Zeit, dass jene Themen, die Frauen tatsächlich bewegen, auf den Titelseiten ihren Platz finden. WWW.SN.AT/FRAUENSACHE