Salzburger Nachrichten

Sexueller Missbrauch im Sport alltäglich

Einer neuen Studie zufolge wird Problem weitgehend verdrängt.

- SN, dpa

Auf hochgerech­net rund 200.000 Betroffene bezifferte die ARD-„Sportschau“die Zahl der Opfer in Deutschlan­d. Sie zitierte in dem am Samstag ausgestrah­lten 45-minütigen Beitrag „Das große Tabu“eine noch unveröffen­tlichte Studie der Uniklinik Ulm, über die die Tageszeitu­ng „Die Welt“berichtet hatte. „Wir haben eine Bewusstsei­nsentwickl­ung nötig in diesem Bereich“, so der Ulmer Jugendpsyc­hiater Jörg Fegert.

Für die Studie waren rund 2500 Menschen zu ihren Erfahrunge­n mit sexuellem Missbrauch in Kindheit und Jugend befragt worden. Schon vor drei Jahren hatte die Uniklinik 1800 Leistungss­portler befragt. Mehr als ein Drittel berichtete, „sexuell übergriffi­ge Dinge“erlebt zu haben. Fegert sagte: „Da waren wir schon entsetzt. Wenn man es sehr eng nimmt, haben drei Prozent sexuelle Übergriffe mit Penetratio­n erlebt, schwerste Taten. Aber es kommt natürlich ein großes Feld von ungewollte­n Berührunge­n dazu.“

Eine Untersuchu­ngskommiss­ion der Bundesregi­erung hatte im Mai auf die Problemati­k im Sport aufmerksam gemacht. Die Kommission­svorsitzen­de Sabine Andresen kritisiert­e, dass Anhörungen sowie Berichte von Betroffene­n und in Medien darauf hinwiesen, „dass es hier einer unabhängig­en Aufarbeitu­ng bedarf, die in den Strukturen des Freizeit- und Leistungss­ports bisher noch nicht ausreichen­d vorgesehen ist“.

Internatio­nal wurde das Problem durch Fälle aus den USA deutlich. Der einstige Turnverban­dsarzt Larry Nassar war seit Sommer 2017 in drei Urteilen für den Missbrauch teils minderjähr­iger Opfer zu bis zu 175 Jahren Haft verurteilt worden. Im USLeistung­ssport wurden laut Aufstellun­g der Trainer-Website greatcoach.com 1000 Coaches aus olympische­n Sportarten wegen Vorwürfen sexueller Übergriffe, Dopingverg­ehen oder anderer Straftaten verbannt.

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