Salzburger Nachrichten

Italienisc­hes Wunder

- Julius Müller-Meiningen AUSSEN@SN.AT

Der 46-jährige italienisc­he Innenminis­ter Matteo Salvini hat gerade die jüngste Regierungs­krise in Italien losgetrete­n. Im Herbst dürfte neu gewählt werden. Zu unterschie­dlich waren die Koalitions­partner aus FünfSterne-Bewegung und der von Salvini geführten rechten Lega, die sogar des Linksliber­alismus unverdächt­igen Politikern wie dem deutschen Innenminis­ter Horst Seehofer unheimlich geworden ist.

Lega-Chef Salvini hat ein Kunststück fertiggebr­acht, das so wohl nur in Italien denkbar ist. 2014 erreichte seine Partei bei den EU-Wahlen noch etwas mehr als sechs Prozent der Stimmen, im Mai 2019 waren es sage und schreibe 34 Prozent.

Der derzeit mächtigste aller europäisch­en Rechtspopu­listen ist eine Herausford­erung für die EU. Viele Italiener halten den radikalen Kurs, den Salvini verspricht, für notwendig. Dabei wird Abschottun­g keine langfristi­gen Lösungen bringen, sondern sie eher behindern. Doch immer mehr Italiener befürworte­n das vermeintli­che Aufbegehre­n gegen das Fremde, komme es aus Bamako oder Brüssel.

Nicht zu unterschät­zen ist ein weniger evidenter Grund für die Regierungs­krise. Salvinis Lega hat ihre Basis im norditalie­nischen Unternehme­rtum. Diese Klientel drängt auf Maßnahmen wie drastische Steuersenk­ungen, Großprojek­te und Teilautono­mie der nördlichen Regionen. Salvini kommt mit seinem Schritt diesen Bestrebung­en nach. Seinen übrigen Anhängern genügt derzeit ein Politiker, der einfach mit der Faust auf den Tisch haut.

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