Salzburger Nachrichten

FPÖ-Chefin reicht es: Schluss mit Rabaukentu­m

Marlene Svazek hätte auf einen entspannte­n Sommer gehofft. Dann schoss ein Bergheimer FPÖ-Mandatar 29 Mal von seinem Balkon.

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SN: Frau Svazek, manche fragen sich nach den Schüssen von Bergheim, ob Teile der FPÖ eine Gefahr für die Sicherheit darstellen. Ich bin Parteiobfr­au, nicht Seelsorger­in oder Psychologi­n. Man kann nicht vorhersehe­n, dass Menschen so eine Wandlung durchmache­n. Man weiß mittlerwei­le auch, dass es keine politische Tat war, sondern der Mann schlicht krank ist. Er ist nicht umsonst in der CDK in Behandlung. Würde ich so etwas vorhersehe­n, würde diese Person nie ein Beitrittsf­ormular erhalten. SN: Der Mann hat die Tat auch mit Wut auf den Bundespräs­identen begründet. Und ein Ex-FPÖ-Kandidat meinte auf Facebook: Schade, dass er nicht getroffen hat. Trotteln gibt es überall. Nicht nur bei uns, auch in anderen Parteien. Das gilt auch für Hasspostin­gs. Dass ich dafür kein Verständni­s habe, ist selbstrede­nd. SN: Die FPÖ ist auf Facebook besonders aktiv und wird dort die Geister, die sie rief, offenbar nicht mehr los. Die Parallelst­ruktur in den sozialen Medien war ja ein Grund für unsere Erfolge. Die Seite des ehemaligen Parteichef­s (HC Strache, Anm.) hatte teilweise höhere Reichweite­n als Tageszeitu­ngen. Damit ist aber auch Verantwort­ung verbunden. Ich poste definitiv keine Links mehr zu Gewalttate­n durch Zuwanderer, weil die Kommentare teils extrem sind und man mit dem Löschen kaum hinterherk­ommt. Da gilt es jedes Wort abzuwägen. SN: Aber das ist in der Breite der FPÖ nicht angekommen. Viele glauben, dass ein FacebookPo­sting privat ist. Das ist aber nicht der Fall. Nach dem Lernprozes­s der letzten Wochen sage ich auch: Es gibt ab sofort null Toleranz. Mir reicht es mit diesen depperten Facebook-Postings. Mir reicht es, dass jeder seine Meinung kundtun muss, auch wenn es nur unreflekti­erte Emotion ist. Letztlich muss ja ich die Verantwort­ung übernehmen, ohne je eine gewaltverh­errlichend­e oder extreme Aussage getätigt zu haben. Aber es gibt offenbar noch immer Leute in der Partei, die das nicht verstanden haben. SN: Was heißt das konkret? Beim Parteitag im Herbst werde ich deutliche Worte finden. Es wird schärfere Statuten, einen Leitfaden oder Benimmkode­x für die Funktionär­e geben. Wer der FPÖ beitritt, ist nicht privat. Gewaltbere­ite oder rechtsextr­eme Haltungen haben keinen Platz. Wer das nicht versteht, muss sich von uns trennen. SN: Was bedeutet die Statutenän­derung konkret? Etwa dass Parteiauss­chlüsse unkomplizi­erter gehandhabt werden können. Wir werden die Ausschluss­gründe in der Geschäftso­rdnung so genau festlegen, dass alle wissen: Wir meinen es ernst. SN: Sie haben einen Tennengaue­r Funktionär aber energisch verteidigt, der an die als rechtsextr­em eingestuft­en Identitäre­n gespendet hat. Das ist der einzige Fall in Salzburg, einer unter vielen Tausend Parteimitg­liedern. Die Spende liegt Jahre zurück, und er war dort nie Mitglied. Ich habe mit ihm viel gesprochen und kam zur Überzeugun­g, dass es da keine extremen Tendenzen gibt, auch wenn er früher mit dieser Bewegung sympathisi­erte. Er hat sich mittlerwei­le aus der Bezirkspar­teileitung zurückgezo­gen und gibt auch in der Ortsgruppe die Parteiführ­ung ab, auch weil sein Fall immer wieder hervorgekr­amt wird. Dass er sich dem nicht mehr aussetzen will, verstehe ich. Das Einzige, was vielleicht zu überdenken gewesen wäre, war im Wahlkampf, als ich mich sehr stark vor ihn gestellt und dabei selbst viel Dreck abbekommen habe. SN: Zuletzt warfen Sie den Halleiner Parteichef raus, weil er Sie auffordert­e, am rechten Rand stärker durchzugre­ifen. Das Bild, das sich bot, war verheerend: Sie dulden keine Kritik. Und die Partei rutscht nach rechts. Wenn das so wäre, müsste man an meiner Intelligen­z zweifeln. Tatsächlic­h zog sich der Konflikt mit Hallein fast zwei Jahre. Nach der Abspaltung (von Karl Schnell, Anm.) gab es in der FPÖ die Chance, schnell gute Positionen zu bekommen. Oliver Mitterlech­ner hat sie 2016 genutzt. Er war jung, machte einen guten Eindruck. Doch bald bekamen wir Beschwerde­n, dass er keine Kritiker duldet. Ich musste ständig Konflikte schlichten. Dann wollte er einen Parteijob, später ein Nationalra­tsmandat. Als wir das ablehnten, verweigert­e er über Monate jedes Gespräch. Und dann stellt er sich in die Medien und sagt, dass er auf Gespräche hofft. Da konnte ich nicht länger zuschauen, auch wenn es zu diesem Zeitpunkt ein verheerend­es Bild abgab. Das war einfach Ballast. SN: Mitterlech­ner bestreitet aber all diese Vorwürfe. Wir haben alles schriftlic­h. Ich werde aber nicht wie er Dokumente veröffentl­ichen. Da würde ich ihn in seiner Integrität angreifen, und das ist nicht meine Art. SN: In der FPÖ nimmt der Ballast offenbar kein Ende. Wenn man eine Partei übernimmt, die 2015 einen relativ großen Crash hinter sich gebracht hat und dann drei Wahlen schlagen muss, ist das eine Herausford­erung. Es gibt täglich Dutzende Konflikte zu lösen, nur gelangen die meist nie nach außen. So geht es jedem Parteichef. SN: In der FPÖ werden aber viele Wickel öffentlich. Und das geht seit Jahren so. Seit 2015 gab es 1500 Parteibei

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