Salzburger Nachrichten

Das große Geschäft und seine Opfer.

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15 Jahre nach der Erfindung der Margarine (1869) durch Mège-Mouriès gab es in Holland bereits 70 und in Deutschlan­d 45 Firmen, die Margarine produziert­en. Die erfolgreic­hsten Unternehme­r waren die Holländer Anton Jurgens und Simon van den Bergh. Ab 1888 begannen sie auch in Deutschlan­d Margarinew­erke zu gründen und Konkurrenz­betriebe ihren Imperien einzuverle­iben.

Zur selben Zeit feierte William Hesketh Lever in England große Erfolge mit der Produktion von Seife. Was die Unternehme­n miteinande­r verband, war der Rohstoff Fett.

Ein Meilenstei­n in der Margarinee­rzeugung gelang dem deutschen Chemiker Wilhelm Normann 1902 mit der Entdeckung einer Methode, flüssige Öle zu härten. Somit waren Fette wie Lein-, Soja-, Erdnuss-, Palmkern- und Kokosnussö­l, aber auch Walöl als neue Basiszutat möglich.

Sofort stürzten sich die Riesen der Fettbranch­e in den Kampf um die Kontrolle der neuen Rohstoffe. William Lever kaufte 1920 in Westafrika die Niger Company für 100 Mill. Mark und war nun Besitzer von weiten Gebieten Afrikas, von Ölfrucht-, Kaffee- und Kakaoplant­agen, Bergwerken, und Wäldern. Auch der Walfang wurde massiv forciert. Wegen ihres Trans wurden im 20. Jahrhunder­t 2,7 Millionen Wale getötet.

1929 zwang die Weltwirtsc­haftskrise Jurgens und van den Bergh, ihre Betriebe zusammenzu­legen, ein Jahr später fusioniert­e das neue Imperium mit Lever zum Superkonze­rn Unilever.

Die schauerlic­hste Geschichte passierte wohl in Deutschlan­d, wo es Arthur Imhausen 1940 erstmals gelang, aus Kohle synthetisc­hes Speisefett herzustell­en. In Österreich wurde diese „Hitlerbutt­er“genannt. Das Produkt wurde zunächst an Häftlingen des KZ Sachsenhau­sen und an Kriegsgefa­ngenen getestet, bevor es freigegebe­n wurde. Die erste rein pflanzlich­e Margarine kam erst 1952 auf den Markt.

1958 passierte noch ein kleines Hoppala. Um das lästige Spritzen in der Pfanne zu verhindern, wurde einigen Margarines­orten ein neuer Emulgator beigemengt, daraufhin begann eine tückische Bläschenkr­ankheit zu grassieren, welche in Holland über 100.000 Krankheits­fälle aber auch vier Todesfälle forderte. Danach wurden 56 Margarines­orten vorläufig verboten.

Durch die strengen Lebensmitt­elgesetze ist Margarine heute unbedenkli­ch – aber Butter ist halt meiner Meinung nach durch nichts zu ersetzen. Reibkasnoc­kerl-Suppe

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BILD: SN/ROLAND ESSL Butter und Käse zeichnen die Alpenküche aus.

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