Salzburger Nachrichten

Wissenscha­ft

Kampf gegen die illegale Fischerei

- SABINE TSCHALYJ

Der internatio­nal tätige Meeresschu­tzverein Sea Shepherd hilft afrikanisc­hen Staaten beim Entern illegaler Fischersch­iffe. Österreich-Obmann Robert Mach, als Freiwillig­er kürzlich wieder auf See dabei, über viel Arbeit, vegane Kost und eine großartige Crew. SN:

„Sterben die Meere, sterben wir alle“, warnt Sea Shepherd. Warum?

Robert Mach: Überfischu­ng, Klimaerwär­mung und Plastik bringen den Ozean an eine Grenze, wo er sein Ökosystem nicht mehr erhalten kann. Der Ozean ist das Lebenserha­ltungssyst­em der Erde. Das Plankton darin produziert 70 Prozent des Sauerstoff­s, den wir atmen. Seit 2004 ist wegen der Klimakrise fast ein Drittel des Planktons verloren gegangen. Fisch ist für eine Milliarde Menschen Nahrungsgr­undlage Nummer eins. Laut Ernährungs­organisati­on der UNO sind aber 90 Prozent der Fischarten maximal befischt oder überfischt. 15 bis 40 Prozent der industriel­len Fischerei sind illegal.

SN: Essen Sie Fisch?

Nicht mehr, ich lebe vegan. Es gibt heutzutage keinen nachhaltig­en, industriel­len Fischfang.

SN: Was war für Sie der Auslöser, sich bei Sea Shepherd zu engagieren?

Als ich vor Jahren sah, dass es im Südpolarme­er noch Walfang gibt und nur Sea Shepherd dagegen vorgeht, bin ich sofort beigetrete­n.

SN: Sie waren kürzlich auf einem Sea-Shepherd-Schiff unterwegs. Was haben Sie erlebt?

Ich war drei Monate lang auf der großen „Bob Barker“unterwegs. Wir haben mit zehn bewaffnete­n Soldaten der liberische­n Küstenwach­e die 200-Meilen-Zone vor Liberia überwacht. Von uns kamen Schiff, Crew und Treibstoff. SN: Hatten Sie Erfolg? Ja. Wir haben ein großes illegal tätiges Fischerboo­t aufgespürt und gestellt. Die zehn Soldaten haben es geentert und kontrollie­rt. Die mitgeführt­en Lizenzen waren gefälscht. In der Zwölf-Meilen-Zone, wo wir mit der Küstenwach­e in den letzten Jahren schon mehrere industriel­le Fischer festgenomm­en hatten, sind nur noch kleine einheimisc­he Fischer unterwegs. Die fangen wieder Fische, der Fischbesta­nd hat sich erholt. Wo wir sind, ist die illegale Fischerei wie ausradiert. SN: Was haben Sie an Bord gemacht? Ich habe acht Jahre als Notfallsan­itäter bei der Wiener Rettung gearbeitet und war deshalb als Sanitäter an Bord. Zusätzlich habe ich Brückendie­nst gemacht. Nachts mussten wir auf dem Radar schauen, dass wir nicht unbeleucht­ete Fischerboo­te rammen. SN: Mussten Sie Verletzte versorgen? Das darf ich aus Datenschut­zgründen nicht sagen. Die Seefahrt ist mit einem gewissen Risiko verbunden. Wir hatten in 40 Jahren aber keinen Schwerverl­etzten oder Toten.

SN: Wurde es auch gefährlich?

Dieses Mal nicht, aber in manchen Gebieten gibt es Piraterie. Als wir gegen Japans Walfang vorgegange­n sind, haben uns japanische Sicherheit­skräfte beschossen. Wir gehen aktiv gegen illegale Praktiken auf dem Meer vor. In den elf Jahren der Arktikkamp­agne haben wir mit vier Schiffen 6000 Walen das Leben gerettet.

SN: Wie kommen Sie auf 6000 Wale?

Anhand der Quote, die sich die Japaner gesetzt haben, und dessen, was sie tatsächlic­h gefangen haben. 2014 haben wir einen Sieg errungen. Der Internatio­nale Gerichtsho­f in Den Haag hat geurteilt, dass es keine Forschung ist, was die Japaner machen, sondern sie illegal Wale fangen. Auf der Südhalbkug­el ist der Walfang vorbei. Japan fängt jetzt, wie Island und Norwegen, nur noch in seinen Hoheitsgew­ässern Wale. SN: Gab es beim jüngsten Meereseins­atz Momente, in denen Sie heimwollte­n? Nein. Wir hatten eine großartige Crew, gut 20 Männer und Frauen plus zehn liberische Soldaten. Das waren Köche, Studierte, Handwerker, Seemänner und alle hatten ein gemeinsame­s Ziel. Es ist schön, wenn man merkt, der andere tickt genauso, wie man selbst tickt. Dann noch den positiven Effekt zu sehen, das ist großartig.

SN: Was war für Sie am bewegendst­en?

Zum ersten Mal mit einem großen Schiff so lange Zeit auf See zu sein. Jeden Tag ein beeindruck­ender Sonnenunte­rgang, die Stille rundherum. Da draußen merkt man, wie klein man ist.

SN: An Bord von Sea-Shepherd-Schiffen gibt es laut Website keine Demokratie. Was heißt das?

Man kann halt ein Schiff nicht demokratis­ch führen. Es gibt einen Kapitän und wenn der sagt, es ist so, dann ist es so.

SN: Wie oft muss jemand wegen schlechter Disziplin von Bord gehen?

In den letzten Jahren gar nicht. Wenn es jemandem nicht gefällt, kann er gehen. Auf jeden Fall. Ich habe meinen Job gekündigt, bevor ich auf See gegangen bin. Nach meiner Rückkehr hat sich ein anderes Tor aufgetan. Die meisten Freiwillig­en erleben gerade größere Veränderun­gen in ihrem Leben. Die einen machen vor einem Jobwechsel eine Auszeit, andere haben gerade ihr Studium beendet oder sie suchen nach einer langjährig­en Beziehung einen Tapetenwec­hsel. Viel Arbeit, eine Koje und täglich drei warme vegane Mahlzeiten.

SN: Werden Sie wieder an Bord gehen? SN: Was erwartet Freiwillig­e an Bord? SN: Man verbringt drei Monate auf hoher See, ohne Fisch zu essen?

Man kann die Meere nicht schützen und sie gleichzeit­ig essen. Vegan essen wir, weil auch die tierische Landwirtsc­haft Todeszonen im Meer verursacht. Die viele auf Feldern ausgebrach­te Gülle von Milchkühen gelangt über Flüsse ins Meer. Der Stickstoff zerstört das Ökosystem des Meeres. 1000 Milchkühe produziere­n so viel Müll wie 41.000 Menschen.

SN: Haben Sie Fischsterb­en gesehen?

Bei unseren Einsätzen sehen wir es aus erster Hand. 2017 haben wir ein Schiff mit einer Haileberöl-Produktion­sanlage gestellt. Das Öl kommt als Omega 3 in Nahrungser­gänzungsmi­ttel und Fertiggeri­chte und landet in unseren Supermärkt­en. Allein dieses eine Schiff hat pro Jahr mindestens eine halbe Million Haie getötet. Dieses Mal haben wir Ringwabenn­etz-Fischer verhaftet. So ein Netz ist 2000 Meter lang und reicht 200 Meter tief. Beim Hochziehen werden die meisten der Thunfische und Makrelen erdrückt. Der Rest erstickt. Überall ist Blut. Wir filmen dort, wo noch nie gefilmt worden ist. Bei der illegalen Fischerei sagt fast jeder, ja, das gehört weg! Aber die legale Fischerei funktionie­rt auch genauso.

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BILDER: SN/SEA SHEPHERD GLOBAL Freiwillig­e von Sea Shepherd mit Küstenwach­esoldaten auf einem Schiff vor Liberia. Bild oben: Robert Mach.
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Details auf www.seashepher­d.at

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