Das ZielProfi über den zweiten Bildungsweg
Gregor Ramskogler verfolgt auf einem US-College seinen Traum im Tennis. Ein Leben zwischen Uni, Bulldogs und Heimat.
Mit 19 Jahren und als Nummer 22 in Österreich hat Gregor Ramskogler vor gut einem Jahr Österreich verlassen, um sich einen sportlichen Traum zu verwirklichen. Wer, wie er, im Tennis zur erweiterten nationalen Spitze gehört, versucht im Normalfall sofort im Profigeschäft Fuß zu fassen. Der 20-Jährige nimmt einen vierjährigen „Umweg“über die USA, wo er auf der Mississippi State University studiert und gleichzeitig die Basis für eine sportliche Karriere legen will.
„Ich bin nicht in die USA gegangen, um dort ein Studentenleben zu genießen, sondern weil ich weiter den professionellen Gedanken verfolge“, sagt Ramskogler. Der im Tennis sonst so unbedeutende Teamgedanke einerseits und die internationale Konkurrenz sowohl in der Liga als auch intern in der CollegeMannschaft andererseits haben ihn in seinem Vorhaben bestärkt. „Wenn ich mich so weiterentwickeln kann, dann sind die Top 100 ein realistisches Ziel.“
Wenngleich die aktuellen Weltklassespieler John Isner und Kevin Anderson freilich Ausnahmen sind, so schaffen CollegeAbsolventen immer wieder den Sprung ins Profigeschäft. Während dies zuletzt etwa Basketballer Jakob Pöltl oder Golfer Matthias Schwab gelungen ist, wartet Österreich noch auf einen Tennisprofi „made in America“. Derzeit ist Ramskogler einer von nur zwei rot-weiß-roten Vertretern seiner Zunft in den USA.
Rund zehn Stunden hat sein Uni-Tag, der gleichermaßen mit Studium und Training gefüllt ist. Mit einem Headcoach, einem Sportmediziner und deren Assistenten sowie einem Manager, Bespanner und einem academic adviser, der Sport und Studium koordiniert, hat die achtköpfige Tennis-Auswahl der Uni nahezu gleich viele Betreuer wie Spieler. „Professioneller geht es nicht mehr“, sagt Ramskogler.
Das Niveau in der Division 1, der höchsten von drei College-Ligen, vergleicht der ehemalige Schützling von Willi Mandl und Trainingspartner von Jakob Aichhorn mit jenem der 1. österreichischen Bundesliga: „Ich glaube, dass unser Team hier gut mithalten würde.“Die Bulldogs, wie sich die College-Teams der Mississippi State University nennen, qualifizierten sich unter 250 Mannschaften 2019 für das Finalturnier der NCAA und wurden am Ende Neunter.
Persönlich verlief Ramskoglers erstes Jahr ebenso zufriedenstellend. Im Doppel kam er in allen 28 Begegnungen zum Einsatz, im Einzel als „Freshman“in Anbetracht der starken Teamkollegen nur sechs Mal. Das soll sich nun ändern: „Mein erstes Ziel ist der Sprung ins Einzel-Line-up.“Da das halbe Team neu besetzt wird, wird 2020 Platz neun dagegen nur schwierig zu wiederholen sein. In wenigen Tagen geht es für den Ex-SSM-Schüler wieder in den Süden der USA zur Preseason, die von Training und Einzel
turnieren bestimmt wird. Nach dem weihnachtlichen Heimaturlaub dauert die Liga dann von Jänner bis Mai.
Geradezu enthusiastisch erzählt der angehende Sportwissenschafter von seinen bisherigen Erlebnissen bei den Matches, aber auch vom Leben auf dem Campus und dem Stellenwert, den der (College-)Sport in den USA genießt. „Weil auf mehreren Plätzen nebeneinander und gleichzeitig gespielt wird, ist die Stimmung verrückt“, beschreibt Ramskogler die Atmosphäre bei Begegnungen vor mehreren Hundert Zuschauern.
Viele Tausend sind es bekanntlich in den klassischen CollegeSparten wie Football, Basketball oder Baseball. Aus der Mississippi State University etwa haben es heuer drei Footballer in den NFLDraft geschafft. Sie sind schon auf dem College echte Stars. „Auf dem Campus haben alle Sportler ein höheres Ansehen. Schließlich repräsentieren bei uns zum Beispiel 400 Sportler 30.000 Studenten“, erklärt Ramskogler. Die Leute seien generell verrückt nach Sport: „Der Stellenwert des Sports in den USA ist für einen Österreicher, der das nicht selbst erlebt hat, schwer vorzustellen.“
Ein Stipendium, wie Ramskogler es genießt, wäre nur schwer zu ergattern. Als College-Spieler wird ihm aber der Großteil von der Uni finanziert. Das ist Ansporn genug für gute Noten und sportliche Leistung. Schwer fällt ihm dabei gar nichts, denn Ramskogler hat sich bestens eingelebt. „Das Leben auf dem Campus fühlt sich an wie in einer Kleinstadt. Wir haben ein eigenes Krankenhaus, eine eigene Kirche und eine eigene Polizei“, sagt Ramskogler. Nach einem Jahr im Internat bezieht er nun ein Appartement, das auch einem Familienbesuch Platz bietet. Heimweh ist also kein Thema. „Nur das Essen, das Schwarzbrot, geht mir ab.“Das lässt sich für den gelebten Traum verschmerzen.