Salzburger Nachrichten

Macron ist entsetzt: „Unser Haus brennt“

Der französisc­he Präsident setzt die Brandkatas­trophe in Brasilien auf die politische Agenda des G7-Gipfeltref­fens in Biarritz.

- SN, dpa

Angesichts der verheerend­en Brände im Amazonas-Regenwald verstärken die Europäer den Druck auf Brasiliens rechtsextr­emen Staatschef Jair Bolsonaro. Der französisc­he Präsident Emmanuel Macron kündigte am Freitag an, das jüngst ausgehande­lte Mercosur-Freihandel­sabkommen zwischen EU und vier südamerika­nischen Staaten abzulehnen – ähnlich wie Irland. Macron will zudem beim G7-Gipfel im französisc­hen Biarritz über die Feuerkatas­trophe sprechen. Die Brände stellten eine internatio­nale Krise dar, erklärte der Präsident. „Unser Haus brennt. Wortwörtli­ch.“Macron rief die Regierungs­chefs der G7-Länder auf, „diesen Notfall“als ersten Punkt beim Gipfeltref­fen an diesem Wochenende zu besprechen. Macron warf Bolsonaro vor, ihn auf dem Gipfel der großen Industrie- und Schwellenl­änder (G20) im Hinblick auf Zusagen zum Umweltschu­tz angeschwin­delt zu haben.

Der Amazonas-Regenwald gilt als grüne Lunge der Welt und ist für den globalen Klimaschut­z von hoher Bedeutung. Umweltschü­tzer werfen Bolsonaro vor, ein politische­s Klima geschaffen zu haben, in dem sich Bauern zu immer mehr Abholzung und Brandrodun­g ermutigt sehen. Der Staatschef hat immer wieder klargemach­t, dass er die Amazonas-Region vor allem als ungenutzte­s wirtschaft­liches Potenzial sieht.

Die EU-Kommission beobachte die Feuer in Amazonien mit großer Sorge und sei bereit zu helfen, hieß es am Freitag in Brüssel. Das beste Instrument der EU, Einfluss auf die brasiliani­sche Regierung auszuüben, sei das Mercosur-Abkommen. Dieses verpflicht­e die Vertragspa­rtner, darunter Brasilien, auf Einhaltung von Umweltstan­dards und des Pariser Klimaabkom­mens von 2015.

Das Ende Juni vereinbart­e Mercosur-Abkommen ist allerdings noch längst nicht von den EU-Staaten ratifizier­t. Mit dem Vertrag wollen die EU und Argentinie­n, Brasilien, Paraguay sowie Uruguay die größte Freihandel­szone der Welt aufbauen. Das soll Unternehme­n in der EU jährlich vier Milliarden Euro an Zöllen ersparen und die Exporte ankurbeln. Brasilien und Argentinie­n möchten vor allem Agrarprodu­kte wie Fleisch und Soja an die EUStaaten verkaufen. Fallen die Zölle auf landwirtsc­haftliche Erzeugniss­e, könnten die argentinis­chen und brasiliani­schen Agrarunter­nehmen kräftig verdienen.

Angesichts der sich immer weiter ausbreiten­den Brände und des internatio­nalen Drucks machte die brasiliani­sche Regierung die Brandbekäm­pfung zur Chefsache. Soldaten könnten bei der Brandbekäm­pfung helfen, sagte Bolsonaro. Er unterzeich­nete zudem eine Anordnung, die alle Minister dazu auffordert, die erforderli­chen Maßnahmen zu ergreifen, um Brände im Amazonas-Gebiet zu überwachen und zu bekämpfen. Ziel sei die „Erhaltung und Verteidigu­ng des Regenwalde­s im Amazonas-Gebiet, unseres nationalen Erbes“, hieß es. Zudem wurden zusätzlich­e Feuerwehrl­eute in die betroffene­n Bundesstaa­ten verlegt.

Seit Jänner nahmen die Brände und die Brandrodun­gen im größten Land Südamerika­s im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum um 83 Prozent zu, wie die Zeitung „Folha de S. Paulo“berichtete. Insgesamt wurden demnach 72.843 Brände registrier­t. In den meisten Fällen waren Flächen in Privatbesi­tz betroffen; aber auch in Naturschut­zgebieten und Ländereien der indigenen Bevölkerun­g brechen immer wieder Feuer aus.

„Jedes Großfeuer ist von globaler Bedeutung. Wir alle verlieren dabei.“Tony Rinaudo, Agrarexper­te

 ?? BILD: SN/APA/AFP/INDRANIL MUKHERJEE ?? „Rettet die Erde“: Protest gegen Bolsonaro vor Brasiliens Vertretung in Mumbai (Indien).
BILD: SN/APA/AFP/INDRANIL MUKHERJEE „Rettet die Erde“: Protest gegen Bolsonaro vor Brasiliens Vertretung in Mumbai (Indien).

Newspapers in German

Newspapers from Austria