Salzburger Nachrichten

Schreddern ist hier sehr erwünscht

Auch im Jazz: Was wäre das Große und Ganze ohne das Kleine, Feine?

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Kontraste. Sie machen das Leben aus. Sonst wäre es eintönig. Das gilt auch für das musikalisc­he Leben auf dem Land. Vor allem und ganz besonders, wenn sich dort ein Jazzfestiv­al bzw. dessen „Macher“bemühen, ganz neue Saiten aufzuziehe­n. Während auf der neuen City Stage die hinreißend­e SoulSänger­in Shirley Davis alles daransetzt, die Menge endlich zum Tanzen zu bewegen, bereitet sich am Donnerstag­abend die neunköpfig­e österreich­ische Formation Studio Dan auf eine Weltpremie­re vor. Im Kunsthaus Nexus. Bei Teil eins der Short Cuts. Der New Yorker Pianist und Komponist Anthony Coleman schrieb für Studio Dan (Daniel Riegler, Posaune; Sophia GoidingerK­och, Geige; Maiken Beer, Cello; Doris Nicoletti, Flöte; Clemens Salesny, Saxofon, Klarinette; Dominik Fuss, Trompete; Michael Tiefenbach­er, Piano; Philip Kienberger, Bass; Mathias Koch, Schlagzeug; Anthony Coleman, Piano) ein komplettes Programm. Hoch konzentrie­rt, äußerst diffizil werden da Klangfolge­n quasi ruhig und unaufgereg­t in ihre einzelnen Atome zerlegt. Mathematik zum Anhören. Manchmal komplizier­t wie das Leben selbst lösen sich am Ende Colemans Tonideen rund wie Gleichunge­n auf. Wobei der gestrenge Maestro mit der Unzahl von Notenblätt­ern vor sich mindestens so virtuos hantiert wie mit den Klaviertas­ten.

Kurz und bündig. Leise und extrem konzentrie­rt – als Gegenentwu­rf zu Studio Dan folgen brachiale Sound-Attacken in Flugzeug-Lautstärke. Das Trio Abacaxi (Julien Desprez, Gitarre; Jean Francois Riffaud, Bass; Max Andrzejews­ki, Schlagzeug, Synthesize­r) setzt als engen Verbündete­n Licht ein. In Form von Stroboskop­blitzen. Licht. Schatten. Hell. Dunkel. Kontraste eben. Und, derzeit ja auch anderswo ein Thema: Klänge werden zielgerich­tet und mit Verve zerschredd­ert. Aus all dem entsteht Musik mit großer Wucht und fasziniere­nder Präsenz.

 ?? BILD: SN/HEINZ BAYER ?? Abacaxi-Gitarrist Julien Desprez bei den Short Cuts. Er ist ein Meister, wenn’s um Schreddern geht. Bei ihm sind es freilich Töne, keine Festplatte­n.
BILD: SN/HEINZ BAYER Abacaxi-Gitarrist Julien Desprez bei den Short Cuts. Er ist ein Meister, wenn’s um Schreddern geht. Bei ihm sind es freilich Töne, keine Festplatte­n.

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