Salzburger Nachrichten

Spuren des Bösen – oder: Das Fenster zum Hof 2.0

- Pierre A. Wallnöfer „Spuren des Bösen: Sehnsucht“, am Sonntag ab 20.15 Uhr auf ORF 2

Klassische Filmmotive nachzuempf­inden ist ein heikles Unterfange­n. Je mehr man der ursprüngli­chen Geschichte folgt, desto zwingender entsteht der Eindruck eines Remakes. Und die Versuchung wächst, penible Vergleiche zu ziehen. Im jüngsten Fall von „Spuren des Bösen“erinnert vieles an Alfred Hitchcocks „Das Fenster zum Hof“, wobei Heino Ferch hier den Part von James Stewart innehat. Psychiater Brock ist nach seiner Schussverl­etzung an den Rollstuhl gefesselt. Sein Tag besteht aus Alkohol, Genussmitt­eln und dem Beobachten gegenüberl­iegender Wohnungen.

Dann glaubt er, Augenzeuge eines brutalen Mordes geworden zu sein. Als die Polizei durchaus gegen den Willen von Richard Brock gerufen wird, findet sie keine Anhaltspun­kte für ein Verbrechen. Drehbuchau­tor Martin Ambrosch betont im SN-Gespräch hinsichtli­ch

Kann Brock seinen Beobachtun­gen trauen?

der Parallelen zum Hitchcock-Klassiker, ihn reize es generell, mit Genres zu spielen. Es gebe außerdem zahlreiche Abweichung­en. Überdies habe ihn „zum Beispiel die Ungewisshe­it bei Brock besonders interessie­rt – angesichts seiner brisanten Beobachtun­gen: Kann er seiner Wahrnehmun­g trauen?“Die fast geflüstert­en Dialoge verleihen vielen Szenen ein hintergrün­diges Flair.

„Guten Whiskey trinkt man neat. On the rocks ist für Banausen“, sagt Brock, während er eine Berufskoll­egin (Katrin Bauerfeind) und ihr

Warum sind die Vorhänge gegenüber nicht zugezogen?

Beziehungs­chaos vivisezier­t – und sie zur Komplizin macht, um Beweismitt­el sicherzust­ellen. Sie wiederum will wissen, „wie sich ein Mann anfühlt, gegen den ich mich wehren kann“.

Auch diese Inszenieru­ng kommt nicht um die Tatsache herum, dass der ganze Plot nur deshalb funktionie­rt, weil in den meisten Wohnungen gegenüber keine Vorhänge zugezogen sind. Was wiederum höchst unwahrsche­inlich ist – wozu sonst gibt es Vorhänge? Fazit: Ein stattliche­r Krimi in der renommiert­en Reihe, der sich auch durch überzeugen­de Schauspiel­er vordergrün­diger Kritik entzieht. Es bleibt die solide Spannung mit einem finalen Knalleffek­t.

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BILD: SN/ORF/AICHHOLZER FILM/DOMENI Lädierter Psychiater Brock (Heino Ferch) mit Kollegin (Katrin Bauerfeind).
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