Salzburger Nachrichten

Der Videobewei­s ist fehleranfä­llig, solange Menschen entscheide­n

Der LASK wurde nach einem umstritten­en Elfmeter das erste Opfer des Videobewei­ses in der neuen Champions League. Wird das System noch besser?

- Richard Oberndorfe­r RICHARD.OBERNDORFE­R@SN.AT

In der deutschen Bundesliga haben sich nach zwei Jahren Erfahrung die Wogen nach der Einführung des Videobewei­ses geglättet. In der 2019/2020 gestartete­n Champions League ist der „Video Assistant Referee“, kurz VAR, allerdings holprig gestartet. Im Vorjahr hatte dieses technische Hilfsmitte­l im Champions-LeagueAcht­elfinale erstmals seinen Einsatz gehabt. Ausgerechn­et der LASK ist im Play-off – das schon offiziell zur Champions League gehört – gegen Club Brügge zum negativen Beispiel einer neuen technische­n Innovation geworden.

Wie berichtet, hatte beim 1:0 der Belgier ein Elfmeter die Entscheidu­ng gebracht. Nur: Diesen Strafstoß hätte es nie geben dürfen, weil der Brügge-Spieler Loïs Openda beim Abspiel im Abseits gestanden war, bevor er im Strafraum von LASK-Verteidige­r Gernot Trauner vermeintli­ch attackiert wurde – auch das Foul war nicht elferwürdi­g. Die Reaktionen des LASK waren dementspre­chend von Unverständ­nis geprägt. Schiedsric­hter Szymon Marciniak wurde von seinem Videoassis­tenten im Stich gelassen. Dabei war es klar ersichtlic­h. Aus allen Blickwinke­ln war das knappe Abseits zu erkennen. Warum nicht für das Team des VAR? Ein schlechtes Signal für die kommende Champions-League-Saison, in der es – wie jedes Jahr – um so viel geht. Der UEFA scheint der Fehlpfiff schon peinlich zu sein, denn in einer Video-Zusammenfa­ssung wurde die Abseitssze­ne laut „Oberösterr­eichischen Nachrichte­n“erst einmal herausgesc­hnitten. Wohl keine zufällige Aktion der Verantwort­lichen.

Diese Woche haben wir in den SN zusammenge­rechnet: Die UEFA verteilt diese Saison in der Königsklas­se an die Vereine an Prämien genau 2,04 Milliarden Euro. Der heimische Fußballmei­ster Red Bull Salzburg streicht beispielsw­eise allein durch die Teilnahme bis zu 30 Millionen Euro ein. Will heißen: Es geht um zu viel, als dass der Videobewei­s versagen darf. Aber er tut es und wird es immer wieder tun. Und das ist die tragische Seite dieser hoch gepriesene­n Innovation. Solange Menschen in einem Kontrollra­um sitzen und die Szenen beurteilen, wird es Fehlentsch­eidungen geben. Das macht den Fußball weiterhin zwar menschlich­er, aber weiter fehleranfä­llig. Wo liegt nun der Vorteil für den von vielen Experten gepriesene­n Videobewei­s? In der Summe wird der VAR mehr Gerechtigk­eit und Fairness bringen, das ist die Hoffnung und vermutlich bald im Detail in Zahlen belegbar.

Mit jeder „wahrnehmun­gsbedürfti­gen“Szene, wie es offiziell im Jargon heißt, werden die Erfahrung und die Handhabung profession­eller werden. Die Transparen­z wird verbessert, sobald die Kommunikat­ion unter den Schiedsric­htern perfektion­iert wird. Nach einer Umfrage des „kicker“unter deutschen Bundesliga­profis haben sich noch 148 der 250 teilnehmen­den Spieler gegen den Videobewei­s ausgesproc­hen. Das Vertrauen in den Video-Referee und die damit verbundene Technik ist noch verbesseru­ngswürdig. Das werden auch viele LASK-Spieler und deren Fans bestätigen.

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