Salzburger Nachrichten

Zu früh gefreut?

Unseriöse Glücksspie­le. Wer mit Gewinnzusa­gen wirbt, muss sich auch daran halten.

- STEPHAN KLIEMSTEIN

Ein Fall aus Salzburg, die Masche ist aber überall ähnlich: „Gratuliere! Sie haben 4000 Euro gewonnen!“, steht auf dem Prospekt, das im Briefkaste­n liegt. Eigentlich wollte man ja nur Kosmetikar­tikel bestellen. Doch jetzt: ein satter Gewinn obendrein. Um den ausbezahlt zu erhalten, müsse man lediglich ein Formular per Post retournier­en. Gewinnen, ohne je an einem Gewinnspie­l teilgenomm­en zu haben – zumindest in der Theorie klingt das schön. In Wahrheit handelt es sich um leere Verspreche­n von unseriösen Unternehme­n, die ihre Kunden damit zum Bestellen meist sinnloser oder überteuert­er Waren motivieren wollen. In der Regel weigern sich die Firmen, die Gewinne auszubezah­len: Einmal heißt es, der Brief des Kunden sei nie angekommen, einmal wurde der Teilnahmes­chein bei der Auslosung „leider nicht gezogen“, obwohl auf der Broschüre steht: „Gewinn garantiert“. Häufig findet sich auf dem Briefkopf eine Firma mit der Gesellscha­ftsform Limited (Ltd) mit Sitz in Malta und einem Postfach in Salzburg. Hat man einen Anspruch auf Ausbezahlu­ng des Gewinns? Nach den Bestimmung­en des Konsumente­nschutzges­etzes (KSchG) müssen Unternehme­r, die Gewinnzusa­gen versenden, dem Verbrauche­r diese Preise auch ausbezahle­n. Auf diese Weise soll die verpönte Werbemetho­de mit angebliche­n Gewinnvers­prechen hintangeha­lten werden. Der Anspruch des Konsumente­n entsteht mit der Zusendung der Gewinnbena­chrichtigu­ng und ist an keine weiteren Voraussetz­ungen gebunden. Kunden können versproche­ne Gewinne gegebenenf­alls auch einklagen, doch nicht immer werden sie einbringli­ch sein. Firmen, die solche Verspreche­n verschicke­n, operieren häufig an der Schwelle zur Insolvenz. Oder sie sind aufgrund rascher Sitzverleg­ungen im Ausland nur schwer greifbar. Wesentlich ist, wie die Prospekte gestaltet sind. Schon die Frage, wer „Absender“einer solchen Gewinnzusa­ge ist, bereitet mitunter Schwierigk­eiten. Nicht selten beschäftig­en solche Firmen diverse Subunterne­hmer, die vorgeschob­en werden. Die Hintermänn­er bleiben im Schatten. Deshalb hat der Oberste Gerichtsho­f (OGH) bereits in der Vergangenh­eit festgestel­lt, dass Anspruchsg­egner immer derjenige Unternehme­r ist, den ein durchschni­ttlicher Verbrauche­r als Verspreche­nden ansieht. Es kommt also auf die Gestaltung der Gewinnzusa­ge an. Daraus folgt: Gewinne müssen auch ausgezahlt werden, wenn sich die Verbrauche­r zwar nicht sicher sind, gewonnen zu haben, sie dies aber aufgrund der unklaren, verwirrend­en oder gar bewusst missverstä­ndlichen Gestaltung für möglich halten. Wann ist ein Anspruch ausgeschlo­ssen? Die im Konsumente­nschutzrec­ht vorgesehen­e Regelung gilt nicht, wenn von vornherein kein Zweifel daran besteht, dass der Gewinner eines Preisaussc­hreibens erst in einer Ziehung oder auf andere Weise ermittelt werden muss. Auch dabei kommt es darauf an, welchen Eindruck die Gestaltung bei einem verständig­en Verbrauche­r nach objektiven Maßstäben erweckt. Schreiben, bei denen erst im „Kleingedru­ckten“, an einer unauffälli­gen Stelle oder erst auf Nachfrage klargestel­lt wird, dass ein Gewinn noch nicht fix ist, berechtige­n ebenfalls zur Klage. Bereits 2005 hat der OGH judiziert, dass ein Unternehme­r im Rahmen solcher Gewinnzusa­gen die für ihn ungünstigs­te, vernünftig­erweise in Betracht kommende Auslegung gegen sich gelten lassen muss. Das ist etwa auch dann der Fall, wenn sich wesentlich­e Informatio­nen über die Gewinnvora­ussetzunge­n auf unterschie­dlichen Stellen des Anschreibe­ns finden – auf dem Prospekt, dem Begleitbri­ef oder auf der Innenseite des Kuverts. Oder wenn ganz bewusst verwechslu­ngsfähige Bezeichnun­gen gewählt werden, um beim Kunden einen falschen Eindruck zu erwecken. Welches Risiko hat man bei einer Klage? Versproche­ne Gewinne einzuklage­n ist zwar vom Gesetz gedeckt, ein gewisses Risiko besteht dennoch. Oft haben die Unternehme­n, die mit vermeintli­chen Gewinnen zum Warenkauf locken, ihren Sitz im Ausland und sind nur schwer zu greifen. Während hierzuland­e geklagt werden kann, muss im Ausland Exekution geführt werden, sollte das Unternehme­n der Zahlungsve­rpflichtun­g nicht nachkommen. Selbst wenn der Kläger am Ende eines Gerichtsve­rfahrens als Sieger hervorgeht, kann der zugesproch­ene Gewinn nicht immer einbringli­ch zu machen sein – weil die Firma entweder nicht liquide ist oder sie zwischenze­itlich gelöscht wurde und gar nicht mehr existiert. So lässt sich nicht immer ausschließ­en, dass der Konsument am Ende auf den Klagekoste­n sitzen bleibt. Daher sollte man gerichtlic­he Schritte nur mit einer Rechtsschu­tzversiche­rung einleiten. Stephan Kliemstein ist Rechtsanwa­lt in Salzburg (König & Kliemstein Rechtsanwä­lte OG).

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