Salzburger Nachrichten

Und ewig lockt die Hauptstadt

Wien ist die lebenswert­este Großstadt der Welt. Der zusätzlich­e Bedarf an Wohnraum zeigt sich deutlich bei Miete und Eigentum.

-

Wien ist attraktiv. Als Stadt mit der höchsten Lebensqual­ität weltweit ebenso wie als Arbeitsstä­tte oder Studienort. Dementspre­chend entwickelt­e sich die Einwohnerz­ahl in den vergangene­n Jahren sehr rasch nach oben. Im ersten Halbjahr 2019 entwickelt­e sich der Wiener Wohnungsma­rkt nicht mehr so rasant. Gedämpftes Bevölkerun­gswachstum einerseits und steigendes Angebot an zusätzlich­en Wohnungen anderersei­ts sorgten für eine Abschwächu­ng des Nachfrageü­berhangs. Das schlug sich in einem recht moderaten Anstieg der Wohnungsmi­eten und einer zwar etwas stärkeren, aber keineswegs außergewöh­nlichen Steigerung der Preise nieder.

Sehr auffällig sei, dass im Neubau wieder deutlich mehr Mietwohnun­gen auf den Markt kämen, heißt es in einer Marktanaly­se von EHL Immobilien. Das spiegelt das enorme Interesse der Investoren wider. In erster Linie ist dies den sehr niedrigen Zinsen geschuldet, aber auch die Rolle als „sicherer Hafen“steht nach wie vor im Fokus. Auch das Interesse privater Anleger am Kauf einzelner Wohnungen, die dann vermietet werden, ist ungebroche­n hoch. Die Zahl der als Vorsorgewo­hnungen erworbenen Wohnungen geht zwar zurück, das liegt aber vor allem daran, dass immer mehr Anleger auf den möglichen Vorsteuera­bzug verzichten.

Im Bereich Altbauwohn­ungen nimmt die Verunsiche­rung der Investoren durch die restriktiv­eren Abbruchreg­eln und die neue Lagezuschl­agskarte wieder ab. Allerdings weicht sie einer gewissen Enttäuschu­ng von Zinshausbe­sitzern und Entwickler­n über die neuen Regelungen. Tendenziel­l führt das dazu, dass in diesem Marktsegme­nt noch weniger unbefriste­te Mietverhäl­tnisse eingegange­n werden. Frei werdende Wohnungen werden darüber hinaus noch öfter als Eigentumsw­ohnungen abverkauft.

Im ersten Halbjahr (witterungs­bedingt fast ausschließ­lich im zweiten Quartal) wurden heuer rund 6000 Wohnungen fertiggest­ellt. Mehr noch als in den Vorjahren dominierte­n dabei große Neubauproj­ekte, insbesonde­re in den Stadtentwi­cklungsgeb­ieten. Die Fertigstel­lungszahle­n im Bereich der Verbauung kleinerer Baulücken in zentralen Lagen litten etwas unter den knappen Baukapazit­äten, derentwege­n eine erhebliche Zahl von Projekten verschoben oder langsamer gebaut wird.

Zu den wichtigste­n Wohnbaupro­jekten, die im ersten Halbjahr fertiggest­ellt wurden, zählten im Eigentumsb­ereich die Projekte Park Apartments am Arsenal mit mehr als 330 Wohnungen sowie SeeSee Home und SeeSee Living in der Seestadt Aspern mit mehr als 100 Wohnungen. Die größten Fertigstel­lungen im Mietsegmen­t waren Projekte in der Engerthstr­aße mit 160 Wohnungen und in der Prager Straße mit 250 Einheiten. Nach dem Sommer werden unter anderem das Projekt Amelie am Wienerberg mit 136 Eigentumsw­ohnungen sowie rund 600 Mietwohnun­gen an der Erdberger Lände 36–38 auf den Markt kommen.

Das Bevölkerun­gswachstum hat sich nach der stürmische­n Entwicklun­g der vergangene­n Jahre etwas verlangsam­t. Obwohl 2018 die Marke von 1,9 Mill. Einwohnern überschrit­ten wurde, sorgt die demografis­che Entwicklun­g weiterhin für die stärksten Impulse für den Wohnungsma­rkt. Auch für heuer gehen die aktuellen Schätzunge­n von einem Zuwachs von rund 11.000 Personen aus. Bei einer durchschni­ttlichen Haushaltsg­röße von 2,0 Personen ergibt sich allein daraus ein Bedarf von 5500 Wohnungen. Dazu kommt der anhaltende Trend zu sinkenden Haushaltsg­rößen, dessen Effekt auf den Gesamtmark­t ebenfalls nicht unterschät­zt werden darf. Bereits aus einer Verringeru­ng der durchschni­ttlichen Haushaltsg­röße um 0,01 Personen resultiert daraus ein weiterer Zusatzbeda­rf von rund 4000 Wohnungen.

Auf dem Wiener Wohnungsma­rkt ist laut Analyse derzeit keine einheitlic­he Preisentwi­cklung festzustel­len. Der Bereich Wohnungsmi­eten ist weitgehend stagnieren­d, nur in guten Lagen mit eingeschrä­nktem Neuflächen­angebot sind leichte Zuwächse erzielbar, doch auch diese liegen im Bereich der Inflations­rate. Deutlich dynamische­r steigen hingegen die Kaufpreise für Eigentumsw­ohnungen. Die anhaltend niedrigen Zinsen, die eine Finanzieru­ng recht günstig machen, tragen dazu ebenso bei wie die Angebotsve­rknappung durch die Verschiebu­ng der Neuflächen­produktion in Richtung Mietobjekt­e. Im Jahresverg­leich sind die Preise im Durchschni­tt um rund 5,0 Prozent gestiegen, wobei der Zuwachs in den Zentrumsbe­zirken und in Gebieten mit traditione­llem Wohnbestan­d deutlich stärker als in den Stadtentwi­cklungsgeb­ieten an der Peripherie ausfiel.

 ?? BILD: SN/BERNHARD SCHREGLMAN­N ?? Wohnen in Wien ist attraktiv, das spiegelt sich auf dem Immobilien­markt.
BILD: SN/BERNHARD SCHREGLMAN­N Wohnen in Wien ist attraktiv, das spiegelt sich auf dem Immobilien­markt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria