Salzburger Nachrichten

Sieben Mächte können nicht die ganze Welt vertreten

Auch der Gipfel in Biarritz zeigt, dass der Westen gespalten ist. Zu wenig Konsens macht globales Regieren aber schwierig.

- Helmut L. Müller HELMUT.MUELLER@SN.AT

Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron hat die Ambition, das Treffen der G7 aus der Krise zu führen. Der Gastgeber hat sich sehr darum bemüht, die Gespräche der sieben wichtigste­n Industries­taaten des Westens in möglichst produktive Bahnen zu lenken und sogar den sonst wenig konziliant­en US-Präsidente­n Donald Trump einzubinde­n.

Eine Abschlusse­rklärung soll es diesmal nicht geben, damit nicht ein wutentbran­nter Trump sie kurzerhand zerreißen kann wie voriges Jahr. Stattdesse­n will man konkrete Vereinbaru­ngen zu Detailfrag­en treffen. So verständig­ten sich die Teilnehmer darauf, die G7 vorerst nicht um Russland zu einer G8 zu erweitern, wie Trump es vorgeschla­gen hatte. Eine solche Reintegrat­ion soll nur möglich sein, wenn der Kreml zuvor seinen Kurs im Ukraine-Konflikt ändert.

Dennoch weckt auch das Gipfeltref­fen in Biarritz Zweifel daran, dass dieses Format wirklich taugt für den internatio­nalen Dialog. Zu wenig gelingt es den G7-Staaten, ihre Politikans­ätze aufeinande­r abzustimme­n. Stattdesse­n stellen sie ihre Differenze­n aus. Vor allem Präsident Trump tritt nicht als konstrukti­ver Problemlös­er, sondern als Störfaktor auf.

Mit Trump trifft ein Politiker, der den Klimawande­l ignoriert, auf Gegenüber, die infolge der Brände im Regenwald Brasiliens alarmiert sind über das Ausmaß der globalen Klimakrise. Konstrukti­v wäre es, wenn die USA zum Pariser Klimaschut­zabkommen zurückkehr­ten und sich mit ihrer technologi­schen Innovation­skraft zusammen mit den Europäern an die Spitze des Kampfes um das Überleben des Planeten stellten. Trump facht überall Handelsstr­eitigkeite­n an und riskiert damit den Absturz der Weltwirtsc­haft. Konstrukti­v wäre es, wenn die USA gemeinsam mit den Europäern auch China zu handelspol­itischem Fair Play zwängen und in der Welthandel­sorganisat­ion (WTO) neue Regeln für alle vereinbart­en.

Zu Macrons Bemühen, die G7 wieder in Schwung zu bringen, zählt das Schmieden neuer Allianzen. Darum hat er die Führer anderer Demokratie­n der Welt nach Biarritz eingeladen. Nolens volens demonstrie­rt Macron damit aber, dass die G7 heute an Grenzen stößt. Diese Gruppe, einst als Klub der großen Westmächte konzipiert, kann nicht mehr globale Führungskr­aft sein, weil sie die Welt zu wenig abbildet. Der G20, die Industrie- und Schwellenl­änder vereint, gelingt das viel besser. Aber vorerst bleibt der G7-Gipfel ein Fixpunkt der Weltpoliti­k. 2020 will Trump als Gastgeber kurz vor den US-Wahlen den Spektakelw­ert des Stelldiche­ins für sich nützen.

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