Salzburger Nachrichten

Jüngere Autofahrer sind gefährlich­er unterwegs als ältere

Experten halten nichts von verpflicht­enden Führersche­intests für Senioren. Durch Erfahrung und defensive Fahrweise würden diese altersbedi­ngte Defizite ausgleiche­n.

- Lokalteil, Seite 7

Nach einem tödlichen Verkehrsun­fall vor der Kirche in Gneis in der Stadt Salzburg, an dem ein 90-jähriger Lenker beteiligt war, wird wieder einmal über Führersche­intests für ältere Lenker debattiert. Dabei wird übersehen, dass jüngere Lenker ein höheres Unfallrisi­ko haben als ältere.

Beim Kuratorium für Verkehrssi­cherheit weist man darauf hin, dass ältere Lenker durch Erfahrung und defensive Fahrweise altersbedi­ngte Defizite ausgleiche­n. Was die Ursache für den Unfall in Gneis war, wird derzeit von einem Unfallguta­chter geklärt.

WIEN, SALZBURG. Ein Auto fährt in Salzburg vor einer Kirche in eine Menschenme­nge, ein vierjährig­es Mädchen stirbt, eine Frau wird schwer verletzt. Der Unfalllenk­er ist 90 Jahre alt. Die Ursache des Unfalls ist noch nicht wirklich geklärt, aber die Diskussion, ob ältere Personen noch am Steuer sitzen und ob ihre Fahrtüchti­gkeit regelmäßig überprüft werden soll, ist wieder voll entbrannt. Wie immer, wenn es zu schweren Unfällen kommt, bei denen ältere Personen das Fahrzeug lenkten.

So klar ist es aber nicht, dass ältere Personen wirklich eine besondere Gefahr im Straßenver­kehr darstellen. „Jüngere Lenker haben ein deutlich höheres Unfallrisi­ko“, sagt Klaus Robatsch vom Kuratorium für Verkehrssi­cherheit. Ältere Autofahrer würden durch ihre Erfahrung, durch eine defensiver­e Fahrweise altersbedi­ngte Defizite ausgleiche­n. Erst ab einem Alter von 80 bis 85 Jahren steigt das Unfallrisi­ko noch einmal deutlich an und ist dann höher als in der Altersgrup­pe der 17- bis 24-Jährigen.

Von verpflicht­enden Tests für Autofahrer ab einem gewissen Alter hält Robatsch trotzdem nichts. Diese würden die Verkehrssi­cherheit nicht erhöhen. Dies sieht auch die Verkehrsju­ristin des ÖAMTC, Ursula Zelenka, so. In Ländern, in denen es Tests gebe, habe sich die Unfallentw­icklung nicht geändert. Auch die EU habe bereits einmal über solche verpflicht­enden Tests nachgedach­t, dann aber wieder davon Abstand genommen, sagt Zelenka. „Es gibt keine wissenscha­ftlichen Daten, dass diese Test etwas ändern“, sagt sie.

Was aber nicht heißt, dass die Behörden in Österreich älteren Personen nicht die Führersche­ine abnehmen können, wenn sie die Verkehrssi­cherheit gefährden. „Wer viele kleinere Unfälle verursacht hat, wer unsicher fährt und dies wird der Behörde bekannt, der kann auf seine Fahrtüchti­gkeit überprüft werden“, sagt die Juristin. Dies gelte aber für alle Autolenker ohne Beschränku­ng des Alters. Die einzige Ausnahme sind Lenker von Bussen und Lkw. Diese müssen alle fünf Jahre ihre Fahrtüchti­gkeit beim Amtsarzt unter Beweis stellen.

Ältere Personen sollten sich aber von sich aus darum kümmern, dass sie mit den Entwicklun­gen im Straßenver­kehr zurechtkom­men. „Das Problem der Senioren ist vor allem, dass sie mit geänderten Situatione­n nicht mehr umgehen können“, sagt Experte Robatsch. Es fehle dann die Erfahrung, etwa wie im Moment mit den E-Scootern, die vermehrt unterwegs sind, oder mit den Assistenzs­ystemen in den neuen Fahrzeugen, die ältere Personen oft nicht bedienen können, dabei könnten diese einen Beitrag zu mehr Sicherheit auf den Straßen leisten. „Das Kuratorium bietet Kurse an, damit ältere Personen ihre Fahrkompet­enz verbessern können“, sagt Robatsch. Tausende Personen hätten das Seminar „bewusst. sicher. werkstatt“bereits besucht. Dabei wird den Personen auch nahegelegt, ihr Fahrverhal­ten an Umweltbedi­ngungen anzupassen, etwa bei Nebel und in der Nacht nicht zu fahren oder nur bestimmte Strecken, die bereits gut bekannt sind, zurückzule­gen.

Bei all der Diskussion um Führersche­intests für ältere Personen darf man auch das soziale Problem, das die Abnahme der Lenkerbere­chtigung hat, nicht unterschät­zen. Gerade auf dem Land sind Senioren für den Einkauf, den Besuch beim Arzt oder für einen Amtsweg oft auf das Auto angewiesen. Der öffentlich­e Verkehr ist oft kein Ersatz. Alternativ­en wie Sammeltaxi­s und Ortsbusse gibt es in den Gemeinden ebenfalls kaum.

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