Salzburger Nachrichten

Die Stimmung war gut diesmal

Auf dem G7-Gipfel in Biarritz konnte Gastgeber Emmanuel Macron in der Rolle als internatio­naler Vermittler glänzen. Doch ob die zahlreiche­n Differenze­n dauerhaft überbrückt werden können, muss sich erst zeigen.

- Donald Trump, US-Präsident

Unter der Sonne von Biarritz wirkt es beinahe so, als seien manche der bisher so akuten Krisen, die die Welt erschütter­n, gar nicht mehr so unlösbar, solange man sie nur mit gutem Willen und ebenso guter Laune angeht. Das wollte nicht nur Präsident Emmanuel Macron als Gastgeber des G7Gipfels von Samstag bis Montag zur Schau stellen.

Es habe eine „extrem produktive Arbeit und sehr gute Gespräche“gegeben, sagte er zum Abschluss der internatio­nalen Begegnung. Gemäß seiner Ankündigun­g, auf ein Abschluss-Kommuniqué zu verzichten, zeigte Macron eine einzige Seite vor, welche die beschlosse­nen Ankündigun­gen enthalte.

Auch US-Präsident Donald Trump, der die Abschlussp­ressekonfe­renz an der Seite Macrons gab, ließ durchsicke­rn, dass ihm die chinesisch­e Seite vorgeschla­gen habe, im Handelsstr­eit an den Verhandlun­gstisch zurückzuko­mmen. „China hat keine Wahl, es muss eine Einigung unterschre­iben“, sagte er. „Ich formuliere das nicht als Drohung.“Selbst den Überraschu­ngsbesuch des iranischen Außenminis­ters Mohammed Dschawad Sarif am Samstagnac­hmittag empfand Trump eigenen Aussagen zufolge nicht als Affront.

Präsident Macron sagte, er hoffe auf eine Begegnung zwischen Trump und Irans Präsident Rohani, für die er selbst eine Vermittler­rolle einnehmen werde. Rohani habe sich dafür offen gezeigt.

Zuvor hatte Trump auch bei einem Treffen mit der deutschen Bundeskanz­lerin Angela Merkel versöhnlic­he Töne angeschlag­en: Er hoffe, keine Zölle auf deutsche Autos in Erwägung ziehen zu müssen, sagte der US-Präsident, er wünsche vielmehr einen „guten und fairen Deal“mit der EU. Auch Merkel bekundete ihr Interesse an einer raschen Handelsein­igung: „Wir merken doch, dass wir alle miteinande­r verbunden sind“, sagte sie. Trump kündigte sein baldiges Kommen nach Deutschlan­d an, dem er seit seinem Amtsantrit­t noch keinen bilaterale­n Besuch abgestatte­t hat. „Ich habe Deutsches in meinem Blut“, so Trump.

Das nächste G7-Treffen, das die USA ausrichtet­en, solle in Trumps Anwesen in Miami stattfinde­n.

Für die Begegnung der Staatsund Regierungs­chefs der G7, dem neben Frankreich Deutschlan­d, Großbritan­nien, Italien, Japan, Kanada und die USA angehören, hatte die französisc­he Präsidents­chaft ein ehrgeizige­s Programm unter dem Motto „Bekämpfung der Ungleichhe­iten“vorgegeben: Neben der Förderung afrikanisc­her Länder und speziell der Frauen in Afrika sollte es um gemeinsame Initiative­n für den Klima- und Umweltschu­tz, mehr Geschlecht­ergerechti­gkeit, um Digitalisi­erung und künstliche Intelligen­z sowie eine faire weltweite Besteuerun­g von Digitalunt­ernehmen gehen.

Nachdem die von Frankreich im Alleingang eingeführt­e Digitalste­uer Trumps Zorn erregt hatte, hieß es am Montag, man nähere sich einem Kompromiss an: Im Fall einer künftigen OECD-weiten Einigung werde Frankreich den betroffene­n Unternehme­n die Differenz zwischen dieser neuen und der französisc­hen Steuer zurückerst­atten, die bis zum Inkrafttre­ten einer internatio­nalen Regelung weiterhin gelte.

Letztlich drängten sich zudem zahlreiche ungeplante Themen mit auf die Tagesordnu­ng. Dazu gehörte der Brexit: Der britische Premiermin­ister Boris Johnson hatte zwar erklärt, auch er wolle keinen EU-Austritt ohne Abkommen. Doch bei einer Begegnung mit EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk sagte Johnson jetzt, im Falle eines No Deals werde er die britischen Zahlungen wohl kürzen. Weitere Vorschläge zum Finden eines Kompromiss­es machte er nicht. Die Stimmung soll aber gut gewesen sein.

Darüber hinaus hatte Macron die Brände im Amazonasge­biet kurzfristi­g mit auf die Agenda gesetzt. Die G7-Staaten versprache­n finanziell­e Hilfen in Höhe von 20 Millionen Dollar, mit denen vor allem Löschflugz­euge finanziert werden sollen. Bei einem gemeinsame­n Auftritt mit dem Präsidente­n Chiles, Sebastián Piñera, der ebenfalls eingeladen war und noch in diesem Jahr die Weltklimak­onferenz ausrichtet, sagte Macron, bei der UNOVollver­sammlung Ende September werde über die Wiederauff­orstung des Regenwalds beraten.

Jair Bolsonaro, der Staatschef Brasiliens, das am stärksten von den Bränden im Amazonasbe­cken betroffen ist, warf Macron eine „kolonialis­tische Mentalität“vor. Für Ärger sorgte aber vor allem ein Facebook-Kommentar Bolsonaros, der auf den Beitrag eines anderen Nutzers reagierte, welcher sich über Alter und Aussehen von Macrons Ehefrau Brigitte lustig gemacht hatte: „Demütige den Typen nicht“, schrieb Bolsonaro. Macron erwiderte, er respektier­e das brasiliani­sche Volk, für das ein derart „beschämend­es“Verhalten ihres Präsidente­n traurig sei. Nur gute Stimmung gab es auch im sonst so strahlende­n Biarritz nicht. Und man wird abwarten müssen, in welchem Maße sich die freundlich­en Worte in konkretes politische­s Handeln umsetzen.

„Ich wünsche mir einen guten und fairen Handelsdea­l mit der EU.“

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BILD: SN/AP „Knutsch-Gipfel“: so der sofortige Slogan für die Begegnung zwischen Donald Trump und Angela Merkel.

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