Salzburger Nachrichten

Nachhilfe in der Schule muss warten

Trotz Landtagsbe­schluss gibt es weder eine Bedarfserh­ebung noch ein Pilotproje­kt.

- STEFANIE SCHENKER

Sechs Millionen Euro – so viel geben Eltern in Salzburg für Nachhilfe aus. Rund 2500 Schüler müssen laut AK-Studie auf die benötigte Lernunters­tützung verzichten, weil sich ihre Eltern keine 550 Euro – so hoch sind die durchschni­ttlichen Nachhilfea­usgaben pro Kind und Schuljahr – leisten können.

Das ist kein neues Phänomen. Auch die Salzburger Landespoli­tik hat sich bereits in der Vergangenh­eit damit beschäftig­t und ein Ziel formuliert: ein Pilotproje­kt zur kostenfrei­en Nachhilfe im Rahmen der schulische­n Nachmittag­sbetreuung. Denn: Der Schulerfol­g dürfe weder vom Einkommen der Eltern noch davon abhängen, wie gut Eltern selbst ihre Kinder beim Lernen unterstütz­en könnten, sagt SPÖLandtag­sabgeordne­te Stefanie Mösl. Ihre Partei hatte den Antrag gestellt. In abgeändert­er Form wurde er im Oktober des Vorjahrs mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und Neos beschlosse­n. Dabei wurde die Landesregi­erung aufgeforde­rt, den konkreten Bedarf für kostenfrei­e Lernunters­tützung an ausgewählt­en Standorten zu prüfen, und zwar bis zum 30. Juni 2019.

Geschehen ist das nicht. Zumindest geht nichts dergleiche­n aus dem Anfang Juli an die Landtagsfr­aktionen übermittel­ten Bericht der Bildungsdi­rektion hervor. Dort wird auf die „vielen ehrenamtli­ch und kostenfrei angebotene­n Lernunters­tützungen an Pflichtsch­ulen“sowie auf „400 ehrenamtli­che Lesepatinn­en und Lesepaten“hingewiese­n. Als Brüskierun­g des Landtags bezeichnet das SPÖ-Abgeordnet­e Stefanie Mösl. Sie erwarte sich, „dass Landtagsbe­schlüsse ernst genommen werden und die zuständige­n Regierungs­mitglieder, in diesem Fall Bildungsla­ndesrätin Maria Hutter, diese auch konkret umsetzen“, schreiben Mösl und SPÖ-Chef Walter Steidl in einem Brief an Landtagspr­äsidentin Brigitta Pallauf. Diese reagierte und ließ die Angelegenh­eit auf die Tagesordnu­ng der nächsten Präsidials­itzung setzen. Die findet am 30. September statt. „Das ist ein üblicher Vorgang, wenn eine Fraktion nicht zufrieden ist mit dem, wie die Landesregi­erung Beschlüsse abarbeitet“, sagt sie. Inhaltlich könne sie dazu nichts sagen, denn „wir wissen nicht, welche sonstigen Schritte von der Bildungsdi­rektion schon gesetzt worden sind“, betont die Landtagspr­äsidentin.

Aus dem Büro von ÖVP-Bildungsla­ndesrätin Maria Hutter – sie ist derzeit auf Urlaub – hieß es zur Bedarfserh­ebung, man sei dafür nicht zuständig. In das Ressort Hutters fallen sämtliche Pflichtsch­ulen in Salzburg – die Nachmittag­sbetreuung an den Schulen ist eben dort angesiedel­t. „Nachhilfe ist eine außerschul­ische Angelegenh­eit, die nicht im Rahmen der Nachmittag­sbetreuung stattfinde­t – daher sind wir für eine Bedarfserh­ebung auch nicht zuständig“, sagte dazu ein

„Die Regierung ignoriert den Beschluss des Landtags.“Stefanie Mösl, SPÖ-Abgeordnet­e

Referent aus dem Büro Hutters. Zudem seien in der Nachmittag­sbetreuung ohnehin Pädagogen vor Ort, die die Kinder bei den Hausaufgab­en unterstütz­ten. Der Sprecher Hutters sieht die Verantwort­ung für die Nachhilfe-Bedarfserh­ebung bei Neos-Regierungs­kollegin Landesräti­n Andrea Klambauer. Diese winkt ab – sie sei nur für außerschul­ische Nachhilfe im Rahmen der Integratio­n zuständig. Bei dem konkreten Auftrag des Landtags gehe es aber um Nachhilfe im Rahmen der Nachmittag­sbetreuung, also um eine schulische Angelegenh­eit.

„Ich glaube, hier geht es ums Nicht-Wollen“, kommentier­t Stefanie Mösl die politische Inaktivitä­t. Dabei könnte man mit einer kostenlose­n Nachhilfe im Rahmen der Nachmittag­sbetreuung mehrere Kräfte bündeln: Sowohl Schüler als auch Lehrer wären ohnehin vor Ort, und die Bildungsdi­rektion könnte den Qualitätss­tandard der Nachhilfe festlegen. Dass die seit dem Landtagsbe­schluss verstriche­ne Zeit nicht genützt worden sei, sei eine „vertane Chance“. Auch die Bildungssp­recherin der Grünen, Landtagsab­geordnete Kimbie Humer-Vogl, hätte sich mehr erwartet. „Sehr schade für die Betroffene­n“findet sie es, dass bisher keine konkretere­n Schritte gesetzt wurden.

Christian Blaschke, Büroleiter und Pressespre­cher von Landesräti­n Hutter, ist um Beruhigung bemüht: „In den vergangene­n Monaten haben wir den Fokus auf den Weiterbest­and der schulische­n Nachmittag­sbetreuung gelegt.“Dort wurden zuletzt (Schuljahr 2018/19) an 117 Standorten 6007 Schüler betreut. Das sind 17,6 Prozent aller Pflichtsch­üler. Den Bericht der Bildungsdi­rektion bezeichnet­e er als „Zwischenbe­richt, der noch nicht endgültig zufriedens­tellend“sei.

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