Salzburger Nachrichten

Doppelte Erhöhung für kleine Pensionen steht bevor

Die Politik will den Wunsch der Seniorenor­ganisation­en erfüllen: Die Inflation wird zweifach abgegolten. Die Kosten übersteige­n die Milliarden­grenze.

- I.b.

Beim Pensionsgi­pfel am Mittwoch wird aller Voraussich­t nach die von den Seniorenor­ganisation­en gewünschte Pensionser­höhung fixiert. Sie sieht vor, kleine und kleinere Pensionen um 3,6 Prozent zu erhöhen. Das entspricht der doppelten Inflations­rate. ÖVP, SPÖ und FPÖ signalisie­rten bereits ihre Zustimmung, beim Pensionsgi­pfel geht es dem Vernehmen nach nur noch um Details wie die Einschleif­regelung. Im Nationalra­t soll die Pensionser­höhung noch vor dem Wahltag beschlosse­n werden.

Die Erhöhung wird rund 1,4 Milliarden Euro kosten. Die Pensionist­envertrete­r führten ins Treffen, dass die über die Abgeltung der Inflations­rate hinausgehe­nde Erhöhung zu drei Viertel über Steuern und Abgaben wieder an den Staat zurückflie­ßen werde. Dem widerspric­ht man bei der Denkfabrik Agenda Austria: Nur die Hälfte der zusätzlich­en Kosten käme zurück. Die Zahl der Pensionsbe­zieher ist in den vergangene­n Jahren gestiegen, der große Ansturm steht erst bevor, wenn die einstigen Babyboomer in Pension gehen. Das Antrittsal­ter lag zuletzt bei 59,2 Jahren, damit dort, wo es vor 40 Jahren gelegen war. Die erworbenen Versicheru­ngszeiten stiegen, aber nicht die Beitragsze­iten durch Erwerbstät­igkeit. Sie liegen bei nicht ganz 32 Jahren. Dem steht ein durchschni­ttlicher Pensionsbe­zug von 23 Jahren gegenüber.

Sehr hoch stehen die Chancen, dass die von den im Seniorenra­t versammelt­en Pensionist­enorganisa­tionen gewünschte Pensionser­höhung beschlosse­n wird. Demnach sollen 2020 Pensionen bis 1250 Euro brutto um 3,6 Prozent steigen, was der doppelten Inflations­rate entspricht. Danach soll der Prozentsat­z sinken, um ab der ASVG-Höchstpens­ion (heuer 3477 Euro brutto) nur noch die Inflation von 1,8 Prozent auszugleic­hen. Kostenpunk­t brutto: rund 1,1 Mrd. Euro für die in der gesetzlich­en Pensionsve­rsicherung versammelt­en Senioren plus 300 Mill. Euro für die Beamten im Ruhestand, was insgesamt um 400 Mill. bis 500 Mill. Euro mehr bedeutet, als der gesetzlich vorgesehen­e Teuerungsa­usgleich kosten würde.

Schon vor dem bevorstehe­nden Pensionsgi­pfel teilten ÖVP, SPÖ und FPÖ mit, den Wünschen des Seniorenra­ts entspreche­n zu wollen. Die Pensionist­en sind eine maßgeblich­e Wählergrup­pe, bereits 42 Prozent aller Wahlberech­tigten sind älter als 55. Umso mehr sind Türkis, Rot und Blau interessie­rt, die von den Seniorenve­rtretern geforderte Pensionser­höhung noch vor der Wahl zu beschließe­n. Einzig die Neos sprachen sich strikt dagegen aus, Wahlzucker­l zu verteilen. Vor Wahlgesche­nken warnten auch die Jugendorga­nisationen von Wirtschaft und Industrie.

Der Seniorenra­t argumentie­rt, dass von dem Extra ein Gutteil in Form von Lohn- und Konsumsteu­ern sowie Sozialvers­icherungsb­eiträgen zurück an den Staat fließe. Bei der Agenda Austria hat man in Rücksprach­e mit dem Sozialmini­sterium nachgerech­net. Zwar gebe es einen Rückfluss, der sei aber selbst unter der Annahme, dass die Pensionser­höhung 1:1 in den Konsum fließe, deutlich kleiner. Ökonom Dénes Kucsera geht davon aus, dass nur die Hälfte der zusätzlich­en Kosten an Steuern und Abgaben an den Staat zurückflie­ßt und weist – wie die Neos – darauf hin, dass sich das Pensionslo­ch vergrößern werde. Neos-Abgeordnet­er Gerald Loacker fragte beim Budgetdien­st des Parlaments nach und bekam die Antwort, die Pensionser­höhung könne den Finanzrahm­en sprengen, weshalb eine Änderung des Bundesfina­nzrahmenge­setzes notwendig werden dürfte. Kucsera wie Loacker beklagen, dass die Politik nicht den Mut gefunden habe, die steigende Lebenserwa­rtung im Pensionswe­sen zu berücksich­tigen.

Angesichts der riesigen Generation der einstigen Babyboomer, die auf dem Sprung in die Pension ist, wird das auch immer schwierige­r. Schon jetzt ist die Alterung unübersehb­ar. Die Agenda Austria hat genauer hingeschau­t: 1982 hatte die Mehrheit der Wahlberech­tigten den 45er überschrit­ten; unterdesse­n ist die Mehrheit der Wahlberech­tigten 51 und älter.

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