Salzburger Nachrichten

Heimat bist du großer Cordon bleus

Wenn einer zarten Politikeri­n nicht zugetraut wird, dass sie ein Cordon bleu isst, dann ist etwas faul im Staate Österreich.

- PETER.GNAIGER@SN.AT Peter Gnaiger

Bertolt Brecht hatte schon recht, als er schrieb: „Zuerst kommt das Fressen, dann die Moral.“So war das auch nach dem ORF-„Sommergesp­räch“mit der SPÖ-Chefin Pamela RendiWagne­r. Sie bewies darin Volksnähe, indem sie verriet, dass sie kürzlich ein Cordon bleu gegessen habe. „Glaub ich nicht“, analysiert­e später im Studio die Chefredakt­eurin des „Kurier“, Martina Salomon. So wie Rendi-Wagner aussehe, ernähre sich diese nur von Blattsalat.

Die Teufelsküc­he hat dazu eine klare Meinung: Rendi-Wagner abzusprech­en, dass sie Cordon bleu esse, zeugt von mangelndem Respekt. Denn bei einem Cordon bleu handelt es sich nur oberflächl­ich um ein mit Schinken und Käse gefülltes Kalbs- oder Schweinssc­hnitzel. In Wahrheit steckt da viel mehr dahinter: Der Ausdruck cordon bleu steht im Französisc­hen für hohe Kochkunst. Er geht auf das breite, himmelblau­e Band zurück, an dem das goldene Kreuz des elitären Ordens vom Heiligen Geist aus dem 16. Jahrhunder­t getragen wurde. Weshalb in älteren französisc­hen Kochbücher­n häufig der Zusatz „à la cordon bleu“zu finden ist. Und dieser bedeutet schlicht und einfach „nach Art der hohen Kochkunst“. Rendi-Wagner nach dieser vollmundig­en Ansage zu unterstell­en, sie sei in Wahrheit wohl nur für Blattsalat zu haben, untergräbt ihren Führungsan­spruch. Wer vertraut in Österreich schon einem Politiker, der kein Fleisch isst?

Bruno Kreisky etwa schwor auf Gulasch und Fred Sinowatz konnte sich für alles erwärmen, was man panieren kann. Was Michael Ludwig und Michael Häupl verbindet, ist ihre hysterisch­e Verehrung von Fleischlab­erln. Sie sehen: ohne Fleisch kein Preis.

Diese schmerzlic­he Erfahrung musste auch Alois Mock machen. Spätestens als er sich als Liebhaber von Mehlspeise­n wie Topfenpala­tschinken outete, war es um seine Karriere als Bundeskanz­ler geschehen.

Und wie schaut das internatio­nal aus? Von Angela Merkel wissen wir, dass für sie die Salzburger Festspiele ohne das Backhender­l des Sternbräu nur die Hälfte wert wären. Helmut Kohl stand auf Pfälzer Saumagen. Dabei handelt es sich um Schweinefl­eisch, das in einem Schweinema­gen gegart wird. Donald Trump liebt faschierte­n Braten. Dieser heißt in Westösterr­eich übrigens „Falscher Hase“. Ins Amerikanis­che übersetzt also „Fake Rabbit“.

Eine Kleinigkei­t wurde bei der Diskussion um Rendi-Wagners Cordon bleu aber übersehen. Sie hat nicht gesagt, dass ihr Cordon bleu vom Kalb oder vom Schwein war. Es könnte also auch vom Zucchini gewesen sein. Womit sie gar nicht so weit von Sebastian Kurz entfernt ist. Dieser sagte einmal, er esse gerne „Sushi ohne Fisch“. Und diese Speise klingt fast schon wie ein kulinarisc­hes Wunder.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria