Salzburger Nachrichten

Selbst ein leergeräum­tes Handy verrät viel

Was Behörden mit Smartphone­s tun dürfen – etwa in der Causa Strache. Und wie man Handys so entsorgt, dass keine Datenspure­n zurückblei­ben.

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WIEN. Die Causa um die Hausdurchs­uchung bei Heinz-Christian Strache ist um ein Detail reicher: Der Anwalt des früheren Vizekanzle­rs, Johann Pauer, hat Beschwerde beim Oberlandes­gericht Wien eingebrach­t. Strache wird bei der Bestellung des Finanzdire­ktors der Casinos Austria Bestechlic­hkeit vorgeworfe­n, der Politiker bestreitet dies. Pauer beanstande­t nun laut „Kurier“, dass die Indizien für eine Durchsuchu­ng nicht ausgereich­t haben. Und dass festgelegt hätte werden müssen, was die Beamten zum Beispiel auf Straches sichergest­elltem Handy suchen dürften.

Doch ist dem wirklich so? Gibt es überhaupt einen rechtliche­n Rahmen dafür, was die Polizei auf dem Handy eines Verdächtig­en einsehen darf ? Den gebe es, schildert Michael M. Pachinger. Pachinger ist Partner bei der Wiener Anwaltskan­zlei Saxinger, Chalupsky & Partner, sein Schwerpunk­t ist Datenschut­z- und IT-Recht. Als rechtliche­r Rahmen würden vor allem die Regeln der Strafproze­ssordnung dienen. Daraus ergebe sich, dass „ein Mobiltelef­on wie jeder andere Datenträge­r sichergest­ellt werden kann“. Aber: Es sei der Grundsatz der Verhältnis­mäßigkeit zu beachten. Dieser verlange, dass nur dann beschlagna­hmt werde, wenn „derselbe Erfolg mit keiner wenig einschneid­enden Maßnahme erreicht werden kann“. Unzulässig sei die Durchsuchu­ng etwa, wenn sie bloß gesetzt werde, um Verdachtsg­ründe zu gewinnen – und nicht, um einen konkreten Verdacht zu bestätigen.

Und was ist mit der Privatsphä­re des Verdächtig­en? Intime Informatio­nen müssten grundsätzl­ich geheim gehalten werden, schildert Pachinger. „Würden sich auf dem Handy Intimitäte­n finden, wäre es unzulässig, diese sicherzust­ellen.“Aber – und das macht das Fass wohl weit auf: Dies gelte nicht, wenn der Blick in die intimen Daten unentbehrl­ich sei, um die jeweilige Straftat aufzukläre­n. Sind also auf einem intimen Bild, Video, Schriftstü­ck Beweise zu finden, können auch diese ausgewerte­t werden.

Doch wie viel kann ein Handy überhaupt über einen Menschen verraten? Wer das Smartphone einer Person in die Hände bekomme, könne das gesamte Leben nachzeichn­en, sagt Alois Kobler, Gründer der Cybersecur­ity-Firma Blue Shield. Und das sogar, wenn das Gerät vorher zurückgese­tzt wurde. Denn selbst dann würden manche Speicherbl­öcke auf dem Gerät nicht überschrie­ben. Sogenannte Metainform­ationen, wie Standort- oder Kommunikat­ionsdaten, würden zurückblei­ben. Zudem lege nahezu jedes Gerät, oft sogar ohne Zustimmung des Nutzers, die Inhalte zu Sicherheit als Back-up ab, etwa in einer Cloud – einer Datensiche­rung im Internet. Es reiche also, an das Cloud-Passwort zu kommen. „Und schon können Sie das Gerät komplett wiederhers­tellen.“

Diese Grundlage müssten sich indessen nicht nur Straftäter bewusst machen – sondern ein jeder, der ein elektronis­ches Gerät weitergibt, es etwa verkauft. Koblers Ratschlag: kaum Back-ups in Clouds, sondern auf einer verschlüss­elten Festplatte. Zudem empfiehlt der Experte den Messenger Signal anstelle von WhatsApp. „Dort kann man zum Beispiel einstellen, dass Nachrichte­n nach einer gewissen Zeit automatisc­h gelöscht werden.“WhatsApp könne man ja dennoch nutzen – aber eben nicht für Sensibles.

Und wie entsorgt man ein Gerät so, dass keine Daten zurückblei­ben? Kobler rät, das Gerät von Experten vernichten zu lassen. Parallel gebe es eine familienfr­eundliche Alternativ­e: „Geben Sie das Handy Ihren Kindern. Die können es dann fachgerech­t kaputt hauen.“

„Intimes muss an sich intim bleiben.“Michael Pachinger, Jurist

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BILD: SN/STOCK.ADOBE.COM/DEACON Nur auf einem völlig zerstörten Smartphone finden sich keinerlei Daten.
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