Das Innenministerium braucht keinen Parteipolitiker
Die Aufräumarbeiten nach der BVT- und der Ibiza-Affäre zeigen die Vorteile eines unabhängigen Ministers.
Bei ihrem Amtsantritt im Juni hatte sie versprochen, nur zu verwalten und keine Politik zu machen. Doch nun werden immer mehr Mitglieder der Regierung Bierlein diesem Vorsatz untreu. Kanzlerin Brigitte Bierlein selbst griff klärend in die sogenannte Schredder-Affäre ein. Von Justizminister Clemens Jabloner wurde eine Reformgruppe eingesetzt, um die Gräben in der Justiz zuzuschütten. Und Innenminister Wolfgang Peschorn hat in einem beeindruckenden Fernsehauftritt seine Entschlossenheit gezeigt, im BVT aufzuräumen und die Suche nach den Hintermännern des Ibiza-Videos voranzutreiben.
Bei all diesen heiklen Vorhaben hilft den Übergangsministern ihre Überparteilichkeit. Denn etliche der gegenwärtigen Missstände entstanden dadurch, dass in den Ministerien zu viele und zu verpolitisierte Beamte sitzen. Das hat mit der jahrzehntelangen Parteibuchwirtschaft zu tun. Jeder neue Minister bringt seine parteipolitisch Vertrauten mit und setzt sie an die Schaltstellen der Verwaltung.
Diejenigen, die zuvor dort saßen, werden wegen falscher politischer Farbe in ein Kammerl verräumt, wo sie beleidigt herumsitzen, nichts zu tun haben und also über genügend Zeit verfügen, um gegen den eigenen Minister zu intrigieren und mit der gezielten Veröffentlichung von Interna Parteipolitik zu machen. Besonders schädlich ist das im Innenministerium, das auf den brisantesten Geheimnissen und den effizientesten Machtmitteln der Republik sitzt.
Aufräumen kann da nur jemand, der nicht in politischen Farben denkt und sich überhaupt der Logik der Parteipolitik entzieht. Als Peschorn nun ankündigte, die Reform des BVT jetzt sofort anzugehen, schlug man in den politischen Zirkeln die Hände über dem Kopf zusammen: Wie könne man so eine heikle Frage unmittelbar vor einer Wahl anschneiden? Wisse Peschorn denn nicht, dass er das BVT damit unweigerlich zum Thema im Wahlkampf mache?
Zu diesen Einwänden ist zu sagen: Das ist ja gerade der Vorteil der gegenwärtigen Übergangsregierung, dass sie auf parteipolitische Bedürfnisse keine (oder sagen wir: weniger) Rücksicht zu nehmen braucht. Warum müssen sich die Gegebenheiten immer nach der Politik richten? Warum richtet sich nicht die Politik nach den Gegebenheiten? Wenn es Missstände im Land gibt – und im Innenministerium sind sie eklatant –, dann kann mit ihrer Behebung nicht ein halbes Jahr gewartet werden, nur weil die Parteien zufällig gerade wahlkämpfen wollen. Sollen sie. Die unabhängigen Minister machen derweil ihre Arbeit.