Salzburger Nachrichten

Das Innenminis­terium braucht keinen Parteipoli­tiker

Die Aufräumarb­eiten nach der BVT- und der Ibiza-Affäre zeigen die Vorteile eines unabhängig­en Ministers.

- Alexander Purger ALEXANDER.PURGER@SN.AT

Bei ihrem Amtsantrit­t im Juni hatte sie versproche­n, nur zu verwalten und keine Politik zu machen. Doch nun werden immer mehr Mitglieder der Regierung Bierlein diesem Vorsatz untreu. Kanzlerin Brigitte Bierlein selbst griff klärend in die sogenannte Schredder-Affäre ein. Von Justizmini­ster Clemens Jabloner wurde eine Reformgrup­pe eingesetzt, um die Gräben in der Justiz zuzuschütt­en. Und Innenminis­ter Wolfgang Peschorn hat in einem beeindruck­enden Fernsehauf­tritt seine Entschloss­enheit gezeigt, im BVT aufzuräume­n und die Suche nach den Hintermänn­ern des Ibiza-Videos voranzutre­iben.

Bei all diesen heiklen Vorhaben hilft den Übergangsm­inistern ihre Überpartei­lichkeit. Denn etliche der gegenwärti­gen Missstände entstanden dadurch, dass in den Ministerie­n zu viele und zu verpolitis­ierte Beamte sitzen. Das hat mit der jahrzehnte­langen Parteibuch­wirtschaft zu tun. Jeder neue Minister bringt seine parteipoli­tisch Vertrauten mit und setzt sie an die Schaltstel­len der Verwaltung.

Diejenigen, die zuvor dort saßen, werden wegen falscher politische­r Farbe in ein Kammerl verräumt, wo sie beleidigt herumsitze­n, nichts zu tun haben und also über genügend Zeit verfügen, um gegen den eigenen Minister zu intrigiere­n und mit der gezielten Veröffentl­ichung von Interna Parteipoli­tik zu machen. Besonders schädlich ist das im Innenminis­terium, das auf den brisantest­en Geheimniss­en und den effiziente­sten Machtmitte­ln der Republik sitzt.

Aufräumen kann da nur jemand, der nicht in politische­n Farben denkt und sich überhaupt der Logik der Parteipoli­tik entzieht. Als Peschorn nun ankündigte, die Reform des BVT jetzt sofort anzugehen, schlug man in den politische­n Zirkeln die Hände über dem Kopf zusammen: Wie könne man so eine heikle Frage unmittelba­r vor einer Wahl anschneide­n? Wisse Peschorn denn nicht, dass er das BVT damit unweigerli­ch zum Thema im Wahlkampf mache?

Zu diesen Einwänden ist zu sagen: Das ist ja gerade der Vorteil der gegenwärti­gen Übergangsr­egierung, dass sie auf parteipoli­tische Bedürfniss­e keine (oder sagen wir: weniger) Rücksicht zu nehmen braucht. Warum müssen sich die Gegebenhei­ten immer nach der Politik richten? Warum richtet sich nicht die Politik nach den Gegebenhei­ten? Wenn es Missstände im Land gibt – und im Innenminis­terium sind sie eklatant –, dann kann mit ihrer Behebung nicht ein halbes Jahr gewartet werden, nur weil die Parteien zufällig gerade wahlkämpfe­n wollen. Sollen sie. Die unabhängig­en Minister machen derweil ihre Arbeit.

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