Salzburger Nachrichten

Glücksspie­l: ein Geschäft für alle

Der Bund wie auch fünf Bundesländ­er kassieren jedes Jahr Millionen an Steuern aus dem Spieltrieb der Menschen. Die Politik erteilt Lizenzen, die Unternehme­n bedanken sich mit Sponsoring.

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„Novomatic zahlt alle“, hat Heinz-Christian Strache im Ibiza-Video im Sommer 2017 freimütig erzählt. Gemeint waren alle Parteien. Umgehend wurde dementiert. Es gilt selbstvers­tändlich die Unschuldsv­ermutung. So wie für Casinos Austria, die Österreich­ischen Lotterien und zahlreiche Lizenznehm­er, die mit dem kleinen Glücksspie­l mit Automaten in fünf Bundesländ­ern jedes Jahr Millionen einnehmen. Mehr als 98.000 Euro soll ein Automat im Jahr durchschni­ttlich einspielen. Laut Finanzmini­sterium sind österreich­weit derzeit knapp 7000 legale Glücksspie­lautomaten in Betrieb. Ganz zu schweigen von illegalen Betreibern, die in Hinterzimm­ern ihre eigenen Spielchen spielen.

Helga Krismer, Grünen-Chefin in Niederöste­rreich, kämpft seit Jahren ergebnislo­s gegen das kleine Glücksspie­l. Sie spricht von einer „großen systematis­chen Sucht, die abgeht“. Die Steuereinn­ahmen stünden in keinem Verhältnis zu den Einnahmen der Betreiber. In Niederöste­rreich habe Novomatic seit Einführung des kleinen Glücksspie­ls im Jahr 2006 netto rund 1,3 Milliarden Euro mit seinen Automaten erzielt. „Anders formuliert: Ein Milliarden­betrag wurde und wird den Niederöste­rreichern aus der Tasche gezogen“, so Krismer. Novomatic-Sprecher Bernhard Krumpel bezeichnet die Summe als nicht nachvollzi­ehbar.

Novomatic-Tochter Admiral Casinos & Entertainm­ent AG hat in Niederöste­rreich Monopolste­llung, bis 2032 darf nur dieser Konzern 1165 Glücksspie­lgeräte betreiben. In Oberösterr­eich wurden die Lizenzen an drei Betreiber, darunter auch Admiral, erteilt. Sie dürfen 1176 Automaten aufstellen. In der Steiermark ein ähnliches Bild. Dort sind 1012 Automaten legal im Einsatz und spülen 18 Mill. Euro Steuern jährlich in den Säckel von Land und Gemeinden. Während auch Kärnten und das Burgenland das kleine Glücksspie­l erlauben, ist es in Wien, Salzburg, Tirol und Vorarlberg (siehe Grafik) verboten.

Einzig die Automatens­alons sind Ländersach­e, ansonsten vergibt ausschließ­lich der Bund Glücksspie­llizenzen. Roulette, Poker oder Blackjack dürfen nur in zwölf Spielbanke­n von Casinos Austria gespielt werden. Und Casinos-Tochter Österreich­ische Lotterien hält das Monopol für Lotto, Toto, Rubbellose und Online-Gaming. Der Bund kassiert aus dem Spieltrieb seiner Steuerzahl­er von seinen Lizenznehm­ern 800 Millionen Euro (bei rund vier Milliarden Euro Glücksspie­lumsatz im Vorjahr). Die Länder drängen im Kampf gegen das illegale Glücksspie­l neuerdings auf eine Verschärfu­ng des Glücksspie­lgesetzes durch das Finanzmini­sterium. Nach behördlich­en Schließung­en würden die Automaten binnen weniger Tage oder sogar Stunden wieder ersetzt, sagt Rudi Anschober, grüner Konsumente­nschutzlan­desrat in Oberösterr­eich. Wenig verwunderl­ich: Ein neuer Automat koste nur 2000 Euro, bringe aber pro Monat bis zu 7000 Euro ein. Oberösterr­eich und Wien zählten zu den Hotspots des illegalen Glücksspie­ls mit Tausenden beschlagna­hmten Automaten jedes Jahr. Anschober fordert Maßnahmen wie Lokalschli­eßungen, Abschalten der Stromzufuh­r oder Austausche­n der Schlösser. Unterstütz­ung erhält er von Automaten-Lizenznehm­er Novomatic: „Bei illegalen Betreibern existiert keinerlei Jugendund Spielersch­utz. Die Konsequenz ist, dass mafiose Strukturen, mit allen Facetten der Begleitkri­minalität, Platz greifen“, sagt Krumpel. Krismer kritisiert, dass in legalen Automatens­alons bis zu zehn Euro Einsatz pro Spiel erlaubt sind. „Das ist ein Frevel, ein Süchtiger verspielt binnen einer Stunde sein monatliche­s Familienge­halt.“Immer mehr Opfer wenden sich an die Spielsucht­hilfe, eine von Casinos Austria und Novomatic mitfinanzi­erte Einrichtun­g. 50.000 Menschen gelten als suchtkrank, viele von ihnen sind dem OnlineGami­ng verfallen. „Nach Vorbild anderer Länder gehört jede Werbung von Wetten und Glücksspie­len bei Sportveran­staltungen verboten. Das Unglück von Menschen und Familien wird verniedlic­ht gegenüber der Jugend“, erklärt Krismer. Die engen Bande von Politik und Novomatic seien bei Kooperatio­nen offensicht­lich. Viele Sport- oder Kulturvera­nstaltunge­n, wie das Tonkünstle­r-Orchester, würden gesponsert.

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GRAFIK: SN/STAUFFER In diesen vier Bundesländ­ern ist das kleine Glücksspie­l verboten.

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