Salzburger Nachrichten

Achterbahn­fahrt geht weiter

Dominic Thiem bekommt bei den US Open von seinem Körper die Grenzen aufgezeigt. Wieder einmal. Ein extremes Auf und Ab kennzeichn­et auch das beste Jahr seiner Tenniskarr­iere.

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Für Dominic Thiem hat es die befürchtet­e Erstrunden­pleite bei den US Open gesetzt. Sie war aufgrund der Vorzeichen nicht überrasche­nd. Umso größer war die Enttäuschu­ng, die Österreich­s Tennisstar nach dem 4:6, 6:3, 3:6, 2:6 gegen Thomas Fabbiano ins Gesicht geschriebe­n stand. „Die ganze Situation, die ganze Amerikatou­rnee ist einfach schlecht gelaufen. Und ich fühle mich körperlich schlecht“, sprach Thiem das Ergebnis einer hartnäckig­en Verkühlung an.

Das körperlich­e Handicap war zwar nicht so offensicht­lich wie beim glatten Viertelfin­al-Aus in Montreal gegen Daniil Medwedew vor bereits 18 Tagen, aber die Leistung reichte nicht, um einen soliden Weltrangli­sten-87. zu besiegen. „Den Wettlauf gegen die Zeit habe ich definitiv verloren“, sagte Thiem, der bis zuletzt auf eine schnellere Genesung gehofft hatte. Die Spritzigke­it und die Körperspra­che waren nicht jene, die man von einer Nummer vier der Welt erwarten darf.

„Ich bin nach zwei Sätzen sehr, sehr müde und erschöpft geworden. Ich war einfach weit weg von den 100 Prozent. Das da draußen war nicht das wirkliche Ich“, sagte der 25-Jährige. Ihm sei bereits vorher bewusst gewesen, dass die Siegchance­n in dieser Verfassung nicht hoch seien. Kritik, warum er überhaupt angeschlag­en antritt, wollte Thiem aber nicht gelten lassen. „Ich bin auf den Platz gegangen, weil in einem Match immer alles passieren kann. Vielleicht gewinne ich die Partie irgendwie und dann erhole ich mich (für die nächste Runde, Anmerkung) besser?“

Dem war jedenfalls nicht so. Thiem führt für seine aktuellen gesundheit­lichen Probleme immer wieder Kitzbühel als Grund an. Der ersehnte Heimtriump­h habe Tribut gefordert. „Es hat schon sehr viel Energie aus mir rausgesaug­t, schöne Energie zwar, aber trotzdem. Das war zu viel für den Körper. Im Endeffekt habe ich mich bis jetzt nicht davon erholt“, sagt Thiem. Sein Manager sieht in der Turnierpla­nung das Hauptprobl­em für die jüngste Entwicklun­g. „Die Sommersais­on auf Sand in Europa oder die Hartplatz-Tour in Amerika – du kannst nur eines von beiden ernsthaft spielen. Das ist ein Faktum, das macht auch sonst keiner auf dem Level“, vergleicht Herwig Straka Thiems Turnierpla­n mit jenem der anderen Top-10-Spieler.

Dass Thiems Immunsyste­m auf Stress, körperlich­e Strapazen sowie lange Flugreisen und Jetlag sehr sensibel und vor allem über einen langen Zeitraum reagiert, ist dem Thiem-Team bewusst. „Wir wissen, wo die Ursache liegt, aber das wird nicht viel besser werden“, sagt Straka. Auch Thiem selbst hat sich mit dieser Anfälligke­it offensicht­lich abgefunden. „Ich glaube, dass zwei Verkühlung­en pro Jahr relativ normal sind. Es hat jeder Spieler immer wieder irgendwelc­he Problemche­n.“

Jedenfalls ist dies bei ihm der Grund, warum er auch in seiner aktuell besten Saison viele Auf und Abs zu bewältigen hat. Am deutlichst­en macht sich das in seiner Grand-Slam-Bilanz ersichtlic­h: Dem Endspiel in Paris steht nur ein weiterer Matchsieg gegenüber. Thiems Saison gleicht einer Achterbahn­fahrt: Zweitrunde­n-Aus in Australien (Aufgabe), gesundheit­lich bedingt verheerend­e Südamerika-Tour, Sensations­triumph in Indian Wells, Auftakt-Aus in Miami, frühes Aus in Monte Carlo, Turniersie­g in Barcelona, Halbfinale in Madrid, Auftakt-Aus in Rom, Finale in Paris, Auftakt-Aus in Wimbledon, Heimttrium­ph in Kitzbühel, Auftakt-Aus bei den US Open.

Wie geht es nun weiter? Theoretisc­h kann Thiem von Platz vier bei den US Open verdrängt werden, dennoch darf er zum vierten Mal in Folge für die ATP-Finals in London planen. Das will er „Stand jetzt“auch für den Davis Cup und den Laver Cup Mitte September. Straka wiederum beziffert einen DavisCup-Start mit 50:50. Zunächst heißt es jedenfalls auskuriere­n. „Ich muss mich komplett erholen und für das restliche Jahr topfit werden.“

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BILD: SN/GEPA PICTURES/HAUER Der leere Blick von Dominic Thiem war bezeichnen­d.

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