„Nicht jeder Jagdstand im Land wird 5G haben“
Der Chef der Telekom-Regulierungsbehörde schildert, wie weit Salzburg beim Breitbandausbau ist – und welche Fake News es zu 5G gibt.
Erst vor wenigen Tagen hat Klaus M. Steinmaurer die Breitbandstrategie 2030 präsentiert – Österreichs Plan für den Ausbau von schnellem Internet. Im SN-Gespräch geht der Leiter des Bereichs Telekommunikation bei der RTR, der heimischen Rundfunk- und Telekom-Regulierungs-GmbH, auf das Konzept ein. Er sagt, ob zu erwarten sei, dass sich Breitbandausbau und der neue, grob 100 Mal schnellere Mobilfunkstandard 5G auf die Preise für Internetanschlüsse auswirken würden. Und er sagt, dass die Strahlung von Handys höher sei als jene von 5GSendern – zumindest auf Dauer. SN: Herr Steinmaurer, ExWirtschaftsministerin Margarete Schramböck hat Salzburg als „Vorzeigebundesland“beim Breitbandausbau bezeichnet. Bei der Präsentation der Breitbandstrategie war zu hören, Salzburg hinke nach. Wo liegt die Wahrheit? Klaus Steinmaurer: Salzburg ist gut unterwegs. Ausbau im Festnetzbereich wird stark getrieben durch die Salzburg AG. In anderen Bundesländern gibt es andere Modelle – mit anderen Vor- wie Nachteilen. Da und dort bauen etwa die Gemeinden selbst stärker aus. Aber Salzburg ist gut dabei. SN: Aber wieso wurde dann bei der Präsentation der Breitbandstrategie gesagt, Salzburg habe Nachholbedarf? Da ging es um das Abrufen der Fördermittel. Da hat Salzburg ein wenig Luft nach oben. In dem und anderen Bereichen können die Bundesländer voneinander lernen. SN: Wie kann man sich schwertun, Fördermittel abzurufen? Man ruft nicht einfach an und fragt nach Geld. Der Bedarf muss erhoben werden, es muss Ausschreibungen geben usw. Im Wesentlichen geht es um Ressourcen und Kapazitäten. Aber noch einmal: Salzburg ist an sich gut unterwegs. SN: Wechseln wir auf Bundesebene: Bis 2025 soll es nahezu flächendeckend 5G geben. Zudem soll der Glasfaserausbau bis 2030 bei 80 bis 90 Prozent liegen. Wie realistisch sind diese Ziele? Freilich wird nicht jeder Jagdstand in diesem Land 5G-Empfang haben – und auch nicht brauchen. Jäger wollen sowieso ihre Ruhe haben (grinst). Aber wir müssen den Begriff „flächendeckend“schon neu bewerten. Es braucht nicht nur in bewohnten Gebieten Anbindung, sondern dort, wo sich Menschen aufhalten können – vom Ortskern über die Straße bis hin zum Badesee. Wir wollen das Netz sinnvoll und Schritt für Schritt ausbauen. Besonders spannend ist, dass 5G Glasfaser ins Land zieht, das geht also Hand in Hand. SN: Wie soll das ablaufen? Wenn 5G funktionieren soll, wie man es sich vorstellt, brauche ich an der Station, an der Antenne einen Glasfaseranschluss, denn nur so kann ich störfrei übertragen. Oft wird es reichen, am Ortsbeginn eine Antenne hinzustellen und dorthin ein Glasfaserkabel zu legen. Glasfaser wird also von 5G vorangetrieben, sodass wir immer weiter in die Fläche kommen werden. SN: Ein Vorschlag Ihres Vorgängers war, die Genehmigungsverfahren beim Netzbau zu vereinfachen ... Man darf nicht vergessen, dass das Baurecht Ländersache ist. Neun Bundesländern zu erklären, wie sie genehmigen dürfen, würde nicht leicht werden. Nein, wir müssen vielmehr schauen, wie wir im Einzelfall agil bleiben. Wenn zum Beispiel eine Gemeinde bauen will, müssen wir schauen, wie wir schnell Lösungen finden. Im Zweifel müssen wir investitionsfördernd agieren. SN: Wie stark müssen sich eigentlich die Anbieter an die versprochene Bandbreiten halten? Es wird ja meist über „bis zu“-Werte diskutiert. „Bis zu 100 Mbit“bedeutet, dass 100 erreicht werden kann – aber nicht immer muss. Eine realistische Größe sollte aber stets zur Verfügung stehen. Wenn es im Schnitt 20 oder 30 Mbit sind, wird es passen, 2 Mbit werden sicher zu wenig sein. SN: Könnte man das nicht fix vorgeben? Der Konsument will nur zufrieden sein. Und dafür braucht er stabile Durchschnittsraten. Aber dafür fixe Vorgaben zu machen wäre ein schlechter Zugang. Denn das, was der Konsument heute haben will, muss in zwei Jahren nicht mehr reichen – denn Technologie wie Anforderungen werden sich weiterentwickeln. SN: Noch die Gretchenfrage: Wer soll den Breitbandausbau ausfinanzieren? Zehn Milliarden stehen im Raum ... Das wäre das Kapital, wenn wir jeden Jagdstand erschließen wollen. Ich glaube, mit fünf bis sechs Milliarden können wir sehr viel erreichen. Geschätzt 70 bis 75 Prozent davon werden wohl aus dem Markt finanziert, das übernehmen die Telekombetreiber. Für die weitere Abdeckung haben wir bereits eine Milliarde vom Bund zur Verfügung gestellt bekommen. Somit müssen wir schauen, wie wir die verbleibende Finanzierung bereitstellen. Das hängt sicher auch davon ab, wie viel durch die Versteigerung der Frequenzen (für 5G, Anm.) erzielt wird. Ich gebe aber zu bedenken: Wenn bei der Versteigerung übertrieben viel aus dem Markt genommen wird, fehlt den Betreibern anschließend das Geld für Investitionen. SN: Inwiefern? Dann hätten wir denselben Effekt, wie er zu Beginn des Jahrtausends in Deutschland eingetreten ist: dass bei der Versteigerung für die UMTS-Frequenzen so viel rausgezogen wurde, ist sicher mit ein Grund, wieso es in Teilen Deutschlands heute noch nicht mal eine stabile 2G-Versorgung gibt. TKK (Telekom-Control-Kommission, Anm.) und die RTR sind daher bestrebt, angemessene Bedingungen vorzugeben, die die Zukunft fokussieren. SN: Befürchten Sie nicht, dass der Preis für den Ausbau auf die Nutzer abgewälzt wird? Nein. Der Österreicher ist es gewöhnt, die Services günstig zur Verfügung gestellt zu bekommen. Keiner könnte es sich leisten, die Preise drastisch zu erhöhen. Dann hätten wir einen ähnlichen Aufschrei wie bei den Mietpreisen in Berlin. SN: Zu einem anderen Thema: Am Sonntag verfallen sämtliche Wertkarten, die nicht registriert wurden. War die Registrierungspflicht sinnvoll? Es war ein politischer Wunsch und deswegen ist er auch so umzusetzen. Ob man dadurch wirklich die „Zielgruppe“erreicht, also Verbrecher, Terroristen etc., mag die Zukunft zeigen. SN: Noch zu Ihrer Person: Sie wurden von Norbert Hofer bestellt. Dieser Tage wird stark über von der FPÖ mit besetzte Posten diskutiert. Trifft die Kritik auch Sie? Ich habe Herrn Hofer sicher nicht viel öfter als zwei Mal in meinem Leben getroffen. Ich glaube, dass ich die Kompetenzen für die Position habe. Es war immer eine große Stärke von mir, dass ich nie in Parteinähe gekommen bin. Mir geht es um die Sache – Telekommunikation ist für mich ein Herzensthema. Auch das Bestellungsverfahren war sehr sachlich. Und ich glaube, ich hatte ein Konzept, das durchaus überzeugen konnte. SN: Zum Abschluss: Was sagen Sie all jenen, die vor Neuerungen wie 5G Angst haben? Wir reden hier von einer ganz normalen Mikrowelle. 5G bewegt sich im selben Bereich wie alle aktuellen Frequenzen. Ein Sender hat rund zehn Milliwatt. Wenn ich mir mein Smartphone zwei Stunden ans Ohr halte, setze ich mich vier/fünf Watt aus. Auf Dauer hat das Handy also sicher eine höhere Strahlung als der Sender draußen – wenngleich sich freilich auch das Smartphone weit unter dem Grenzwert bewegt. Es wird geschrieben, in Amsterdam sollen wegen 5G tote Vögel vom Baum fallen. Aber schauen Sie sich an, wo die angeblichen Informationen herkommen. Da sind Sie dann ganz schnell bei „Russia Today“(russischer Auslandssender, Anm.) und bei Fake News. So was müssen wir einfach aufklären. Klaus M. Steinmaurer wurde 1969 in Oberösterreich geboren. Der promovierte Jurist arbeitet seit Jahrzehnten in der Telekommunikationsbranche, etwa für die Deutsche Telekom oder T-Mobile Austria. Seit Oktober 2018 leitet er den Fachbereich Telekommunikation und Post in der RTR.