Überregionale Bürokratie
Meine achtjährige Tochter überredete mich jüngst trotz Hauptsaison zu einer Bootsfahrt auf dem Königssee. Nach langem Schlangestehen und unaufgeforderter Vorlage eines gültigen (österreichischen) Behindertenpasses mit dem Nachweis des Grades der lt. Informationstafel für eine Ermäßigung geforderten Behinderung von über 70% wurde keine Fahrtermäßigung erteilt. Auf die Frage, ob es denn einen Unterschied zwischen einem Menschen mit Downsyndrom deutscher oder österreichischer Staatsangehörigkeit gebe, folgte die Belehrung eines nachdrängenden genervten älteren Herren, wonach dies in Österreich ebenso sei.
Nach einer weiteren Wartezeit von knapp 45 Minuten konnte das Schiff betreten werden. Es geht hierbei nicht um die paar Euro Ermäßigung, aber diese oft ähnlich erlebte Alltagssituation zeigt, wie wenig Grundverständnis für die Situation von Menschen mit Beeinträchtigung und deren Angehörige besteht und wie schnell bürokratische Begründungen hervorgezaubert werden.
Die Bayerische Seenschifffahrt GmbH würde jedenfalls nicht in den Ruin getrieben, würde sie ihr allgemein gehaltenes Versprechen von der Informationstafel halten. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der UN-Behindertenrechtskonvention dürfte ebenso nicht schaden. In Zukunft werden jedenfalls wieder die österreichischen Berge und Seen angesteuert. Deutsche Gründlichkeit gilt im Berchtesgadener Land eben auch bei Menschen mit Behinderung. Herbert Handlechner