Salzburger Nachrichten

Rot-Pink-Grün: Geht das?

Grünen-Chef Werner Kogler bringt eine neue Koalitions­variante ins Spiel. Diese wird nicht allzu leicht zu realisiere­n sein.

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WIEN. Sollten sich die Grünen an einer Bundesregi­erung beteiligen, würden sie das am liebsten in einer Koalition mit der SPÖ und den Neos tun. Das sagte der grüne Spitzenkan­didat Werner Kogler am Donnerstag in einem Interview mit der Austria Presse Agentur – und er eröffnete damit die Spekulatio­n über eine äußerst ungewöhnli­che Regierungs­variante.

Denn in den derzeit vorliegend­en Umfragen führt die ÖVP mit fast 16 Prozentpun­kten Vorsprung auf SPÖ und FPÖ. Zwar kann sich dieser Vorsprung bis zum Wahltag noch deutlich verringern; alles andere als ein Wahlsieg der ÖVP erscheint aber aus heutiger Sicht so gut wie ausgeschlo­ssen. Die von Kogler präferiert­e Koalitions­variante würde bedeuten, dass der vermutlich­e Wahlsieger Sebastian Kurz und die ÖVP bei der Regierungs­bildung übergangen werden.

Wie wahrschein­lich ist nun eine Rot-Pink-Grün-Koalition? Die größte Hürde besteht wohl darin, dass diese drei Parteien zusammen voraussich­tlich auf keine parlamenta­rische Mehrheit kommen werden. Dies glaubt auch Kogler, der in dem besagten Interview von einer „unwahrsche­inlichen Mehrheit“sprach. Ähnlich äußerte sich Neos-Chefin Beate MeinlReisi­nger: „Das wird sich nicht ausgehen.“In Umfragen kommen SPÖ, Neos und Grüne gemeinsam derzeit nicht über 40 Prozent.

Die nächste Hürde, die die drei Parteien zu nehmen hätten, sitzt in der Hofburg und heißt Alexander Van der Bellen. Dieser entstammt zwar den Grünen; seine bisherige überpartei­liche Amtsführun­g legt aber die Vermutung nahe, dass er – wie noch jeder Bundespräs­ident – den Wahlsieger mit der Regierungs­bildung beauftrage­n wird. Und das wird, wenn nicht alle Anzeichen trügen, Sebastian Kurz sein, der dann gewisserma­ßen den Matchball für eine neue Kanzlersch­aft in Händen hält.

Hinsichtli­ch der Regierungs­bildung gibt es freilich einen Präzedenzf­all, der SPÖ, Neos und Grünen Mut machen wird: 1999 beauftragt­e der Bundespräs­ident ebenfalls den Wahlsieger mit der Regierungs­bildung, nämlich SPÖ-Chef Viktor Klima. Hinter dessen Rücken (und hinter dem Rücken des Bundespräs­identen) einigte sich aber ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel, dessen Partei nur auf Platz drei gelandet war, auf eine Regierung mit der FPÖ. Bundespräs­ident Thomas Klestil war zwar sichtlich verärgert, gelobte die Regierung, die ohne seinen Auftrag zustande gekommen war, aber trotzdem an. Eine weitere Hürde vor der Bildung einer allfällige­n Rot-PinkGrün-Koalition besteht in der unterschie­dlichen Programmat­ik dieser drei Parteien. In der Sozialpoli­tik beispielsw­eise gibt es große Überschnei­dungen bei SPÖ und Grünen, während die Neos hier eher auf der Bremse stehen. Neos-Sozialspre­cher Gerald Loacker war denn auch der Einzige, der angesichts der am Mittwoch beschlosse­nen kräftigen Pensionser­höhung nicht in den allgemeine­n Jubel einstimmte, sondern vor den Folgen für den Staatshaus­halt warnte. Die Neos plädieren für eine wirtschaft­sfreundlic­he Politik, Stichwort Arbeitszei­tflexibili­sierung, was bei SPÖ und Grünen auf Widerstand stößt. In der Steuerpoli­tik plädieren Neos und Grüne für eine CO2-Steuer, welche wiederum die SPÖ ablehnt. Die meisten Gemeinsamk­eiten aller drei Parteien gibt es in Demokratie- und Grundrecht­sfragen.

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BILD: SN/ADOBE STOCK

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