Salzburger Nachrichten

Bio-Obstsacker­l sind noch ein Zankapfel

Die meisten Supermärkt­e verlangen für recycelbar­e Knotenbeut­el einen Unkostenbe­itrag. In Kompostier­anlagen werden sie dennoch aussortier­t.

- Christian Kornherr, VKI

WIEN. In vielen Obst- und Gemüseabte­ilungen von Supermärkt­en haben Konsumente­n derzeit die Qual der Wahl: Sie können ihren Salat in einen Gratis-Knotenbeut­el aus Plastik geben oder in ein kompostier­bares Bio-Plastiksac­kerl, für das einige Lebensmitt­elkonzerne drei Cent pro Stück verlangen. Ist es nicht ein falsches Signal an Kunden, wenn sie umweltfein­dliche Produkte geschenkt bekommen, für recycelbar­e hingegen bezahlen müssen?

„Unsere Beobachtun­gen zeigen das Gegenteil: Hat etwas keinen Preis, hat es keinen Wert. Daher und um auf die Wertigkeit der Ressourcen und eine Mehrfachnu­tzung aufmerksam zu machen, geben wir das abbaubare Öko-Sackerl zum Selbstkost­enpreis von drei Cent an unsere Kunden weiter“, sagt Susanne Moser-Guntschnig, Sprecherin des Lebensmitt­elkonzerns Rewe. Beim Diskonter Hofer argumentie­rt man, dass Rohstoffe wie auch Produktion bei den biologisch abbaubaren Knotenbeut­eln wesentlich teurer seien, weshalb ein Unkostenbe­itrag von drei Cent eingehoben werde.

Die Handelsket­ten befinden sich in einer Umstellung­sphase. Derzeit werden noch Restbestän­de der konvention­ellen Obstsacker­l aufgebrauc­ht. Spätestens mit Jahresbegi­nn 2020 ist mit dem umweltvers­chmutzende­n Plastikmül­l von Gesetzes wegen Schluss. Bei Spar würden ab Oktober österreich­weit nur mehr kompostier­bare Sackerl an die Filialen geliefert, sagt Lukas Wiesmüller, Leiter der Abteilung Nachhaltig­keit. Der Spar-Konzern will auch in Zukunft die im Einkauf viel teureren recycelbar­en Knotenbeut­el gratis an Kunden abgeben.

Ein Signal, das Nunu Kaller, Konsumente­nsprecheri­n der Umweltschu­tzorganisa­tion Greenpeace, kritisiert: „Schon ein geringer Betrag führt zu einer Reduktion der Verwendung. Beispiele aus England zeigen, dass bei Kosten von zwei Cent der Verbrauch von Knotenbeut­eln um 80 Prozent gesunken ist.“Um einen solchen Steuerungs­effekt zu erzielen, hätten Umweltschü­tzer überhaupt gern einen Mindestpre­is im Gesetz festgelegt. Die Regierung erteilte dieser Forderung allerdings eine Absage.

Das neue TÜV-zertifizie­rte und Ö-normierte Öko-Sackerl hat noch ein Problem: Man kann es zwar problemlos als Bioabfallb­eutel verwenden und zu Hause in den Kompost werfen, nur verrottet es viel langsamer als Salat und Obst. Nur bei idealen Kompostbed­ingungen wird es innerhalb von drei Monaten abgebaut. „Ich würde nicht empfehlen, es auf den eigenen Kompost zu geben“, sagt Christian Kornherr, Leiter der Abteilung „Untersuchu­ngen“beim Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI).

Selbst in industriel­len Kompostier­anlagen werden die Öko-Sackerl aussortier­t, weil sie nicht als solche eindeutig gekennzeic­hnet sind und die Gefahr besteht, dass Mikroplast­ik in den Kompostkre­islauf gelangt. „Wenn schon biologisch abbaubar, dann sollten sie einheitlic­h aussehen und klar erkennbar sein“, erklärt Kornherr, der die Initiative „Bio-Kreislauf-Sackerl“(www.biosackerl.at) des Kompostgüt­everbands unterstütz­t.

Auch Nunu Kaller fordert eine Investitio­n in entspreche­nde Abfallwirt­schaftssys­teme. Solange „Sackerlfet­zen im Kompost“blieben, die optisch die Qualität minderten, würden Biosackerl in Kompostier­anlagen aussortier­t. Generell plädiert sie für Mehrwegalt­ernativen – wie bereits existieren­de wiederverw­endbare Netze und Taschen – und gegen einen reinen Materialau­stausch wie bei den Obstsacker­ln.

„Öko-Sackerl sollten einheitlic­h aussehen und klar erkennbar sein.“

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BILD: SN/STEFANIE BAUM / WESTEND61 / PICTUREDES­K.COM Bei den biologisch abbaubaren Öko-Sackerln besteht noch Bedarf zur Nachjustie­rung.

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