Ibiza-Video: Westbahn wittert Untreue
Der ÖBB-Konkurrent sieht sich bei Auftragsvergaben durch das Verkehrsministerium übergangen und brachte eine Strafanzeige ein.
WIEN. Im Gefolge des Ibiza-Skandals ist eine weitere Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eingetroffen: Sie kommt von der Westbahn, die sich bei der Auftragsvergabe durch das Verkehrsministerium unter Türkis-Blau übergangen sieht und den Verdacht der Untreue hegt. Der ÖBB-Konkurrent stützt sich dabei auf ein bei der Kanzlei Heid & Partner in Auftrag gegebenes Gutachten. Die Westbahn gehört zu 49,9 Prozent dem Industriellen Hans Peter Haselsteiner. Er spielt in dem Ibiza-Video eine Rolle, da der einstige FPÖ-Chef HeinzChristian Strache darin ankündigt, Haselsteiner werde keine öffentlichen Aufträge bekommen, sollte die FPÖ in die Regierung kommen. Dieser Satz könnte der Westbahn den Hebel in die Hand geben, um auf der Schiene vielleicht doch mehr Wettbewerb herbeizuführen.
Der Sachverhalt: Eine Reihe von Verkehrsdiensteverträgen für den Schienenverkehr laufen aus, darunter jene für Salzburg und für Oberösterreich. Das Verkehrs ministerium darf derartige Verträge( über ihre Schienen infrastruktur-Dienst l eis tungs gesellschaft) noch bis Ende 2023 direkt, also ohne Ausschreibung, vergeben. Was im Normalfall bedeutet, dass die ÖBB zum Zug kommen. Nun hat die Westbahn aber nach der Vorankündigung neuer Verträge Angebote abgegeben, die laut ihrem Geschäftsführers Erich Forster günstiger waren als das Auftragsvolumen. Im Fall Vorarlbergs, s Forster, habe man ein Angebot für 375 Mill. Euro (statt 400 Mill.) gelegt, der Auftrag sei für 475 Mill. Euro an die ÖBB gegangen. Die Verträge für Salzburg und Oberösterreich seien zwar noch nicht geschlossen, da es auf die Ende 2018/Anfang 2019 abgegebenen je um zehn Prozent unter dem Auftragswert liegenden Angebote null Reaktion gegeben habe, dürfte die Entscheidung aber absehbar sein.
Forster und die auf Vergaberecht spezialisierte Anwältin Kathrin Hornbanger sehen durch die NichtPrüfung der Westbahn-Angebote und das Nicht-Einholen von Vergleichsangeboten die verfassungsrechtlich abgesicherten Grundsätze der Verwaltung – Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit – verletzt. Die Möglichkeit der Direktvergabe heble diese Prinzipien nicht aus, wie auch der Rechnungshof schon oft gemahnt habe. Daher erfolg(t)en die Vergaben aus Sicht der Westbahn gesetzeswidrig, weil der Republik – und damit ihren Steuerzahlern – Schaden entstehe. Der sei groß, zumal die Verträge für zehn bis 15 Jahre abgeschlossen würden – womit nicht zuletzt auch das Ende der Direktvergaben hinausgezögert werde.
Hornbanger sieht Ex-Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) in der Verantwortung. Nichtsdestotrotz erfolgte die Anzeige gegen unbekannt, da die internen Zusammenhänge im Ministerium unklar seien. Die WKStA soll nun klären, wie hoch der Schaden sei und wer sie verantworte. Das Verkehrsministerium, die ÖBB und die FPÖ wiesen die Westbahn-Vorwürfe zurück.