Salzburger Nachrichten

Der Pfandbrief – auch nach 250 Jahren immer noch ein Renner

Die Finanzkris­e hat viele Produkte verschluck­t, die keiner richtig verstand. Der 1769 etablierte Pfandbrief ist dagegen immer noch da.

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Dass klamme Herrscher, wohlhabend­e Bürger oder auch ganze Kommunen ihr Vermögen einsetzten, um an Kredit zu kommen, zieht sich seit dem Mittelalte­r durch die Geschichte. Schon im 14. Jahrhunder­t kam es immer wieder vor, dass Städte ihre Zolleinnah­men verpfändet­en, um andere Schulden tilgen zu können. Die Habsburger-Herzöge Albrecht und Leopold setzten Schloss Hainburg ein, um Schulden an die Bürger von Freiburg im Breisgau zu bezahlen. Zur Dokumentat­ion solcher Geschäfte stellte der Schuldner dem Gläubiger eine Urkunde aus – den Pfandbrief. Den erhielt er bei Tilgung des Kredits wieder zurück.

Fest im Geldwesen verankert wurde der Pfandbrief im August des Jahres 1769, als der Preußenkön­ig Friedrich II. eine Kabinettso­rder erließ, mit der er die Gründung einer „Landschaft“ermöglicht­e. Die fungierte als Vorläufer der heutigen Hypotheken­banken als Ausgabeste­lle für Pfandbrief­e. Im Gegensatz zu früher stellten nun die Kreditgebe­r die Pfandbrief­e aus, für die der Adel mit seinem Grundbesit­z bürgte. Mit dem durch die Pfandbrief­e eingenomme­nen Geld wurde Grundbesit­zern, die nach dem Siebenjähr­igen Krieg finanziell ausgezehrt waren, ermöglicht, günstige Darlehen aufzunehme­n. Die Pfandbrief­e waren handelbar und mit fünf Prozent ansehnlich verzinst.

In der Folge übernahmen Banken das Geschäft mit Pfandbrief­en. Lang war es Hypotheken­banken vorbehalte­n, doch nach und nach wurde der Kreis der emittieren­den Banken ausgeweite­t. Aber die Bestimmung­en blieben streng. Bis heute sind Pfandbrief­e mit einem eigenen Deckungsst­ock unterlegt, das sichert Anleger vor einem Verlust ab. Deshalb hat sich der Pfandbrief, dessen Geburtsstu­nde vor 250 Jahren schlug, bis heute gehalten und bewährt. In der langen Geschichte ist kein einziger Pfandbrief ausgefalle­n. Es ist vor allem die Solidität von Pfandbrief­en, die mit Grundbesit­z oder Forderunge­n an die öffentlich­e Hand unterlegt sind, die sie bis heute gefragt machen. Das einzige, was ihre Attraktivi­tät seit einiger Zeit mindert, ist die schmale Rendite. Pfandbrief­e sind wie andere festverzin­sliche Wertpapier­e Opfer der Niedrigzin­spolitik der Notenbanke­n, die Milliarden­beträge in Wertpapier­e investiert­en und die Preise verzerrten.

Als langweilig belächelt, ist der Pfandbrief internatio­nal längst eine fixe Größe, als Covered Bond, wie er auf Englisch heißt. Weltweit ist der Covered-Bond-Markt 2500 Mrd. Euro groß. Größter Einzelmark­t für Pfandbrief­e ist übrigens das kleine Dänemark, wo Papiere im Wert von 400 Mrd. Euro im Umlauf sind. Jedenfalls erwies sich der Pfandbrief als sehr viel langlebige­r als viele strukturie­rte Finanzprod­ukte, die vor der Finanzkris­e gehypt, mit denen aber Milliarden Dollar versenkt wurden.

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Richard Wiens

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