Salzburger Nachrichten

Vorteile eines Hard Brexit

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Sollte es der konservati­ve HardlinerP­remier Boris Johnson nun doch noch zum Hard Brexit kommen lassen, wäre das für die EU (geringer Anteil Großbritan­niens an den Gesamtexpo­rten der EU) wirtschaft­lich verkraftba­r. Auch politisch sehe ich darin für die EU wenig Nachteile, sondern mehrere Vorteile: Wegfall eines eigensinni­gen Partners, der Privilegie­n wie den Britenraba­tt erkämpft und anderersei­ts in vielen politische­n Angelegenh­eiten gebremst oder blockiert hat.

Da London einerseits der Erweiterun­g der EU auf süd- und osteuropäi­sche Länder zustimmte, aber die Vertiefung zur Verbesseru­ng der Handlungsf­ähigkeit wie Antragsrec­ht für das Europäisch­e Parlament, weniger Vetorechte, Ökologisie­rung des Steuersyst­ems bremste, brachte es viel Sand ins Getriebe.

Mit dem Votum für den Brexit, eingeleite­t aus wahltaktis­chen Gründen durch den damaligen konservati­ven Premier Cameron, hat sich in Großbritan­nien nicht nur die Wählerscha­ft quer durch die Parteien gespalten, sondern kann es auch zur Abspaltung Schottland­s und Nordirland­s kommen. Die EU-freundlich­en Schotten und Iren dürften dann einen ziemlich schnellen Wiedereint­ritt in die Union erreichen.

Aus Great Britain verbliebe mit England ein Little Britain, dessen Wählerscha­ft mehrheitli­ch für den Brexit gestimmt hatte und dann tatsächlic­he Vor- und Nachteile der Eigenständ­igkeit erleben könnte – so auch noch Wiedervere­inigungsbe­strebungen Nordirland­s mit der Republik Irland. Historisch gesehen: Little Britain auch eine späte Strafe für die arrogante und ausbeuteri­sche Kolonialma­cht. Karl Semmler 8283 Bad Blumau

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