Studie zur Studie gesucht
ICH versuche, Dinge, die man mir erzählt, zu hinterfragen. Das gehört zu meinem Job und es macht durchaus Spaß, fürs Fragen und Nachfragen bezahlt zu werden. Um uns normalsterblichen Bürgern Dinge weiszumachen, wird gerne und oft auf Studien verwiesen. Ich mag Studien. Denn da kommt immer ein interessantes Ergebnis zustande. Und es gibt so viele Untersuchungsgegenstände, man kann zu allen möglichen Dingen Studien anstellen. Zu Tempo 140 auf der Autobahn, zur Handynutzung, zum Klimaschutz, zum Einfluss der Tellerfarbe auf die Nahrungsaufnahme, ja sogar zur zeitlichen Abfolge des Gähnens.
Neulich las ich beiläufig von einer neuen Studie. Wissenschafter in den USA hatten herausgefunden: Vor dem Fernseher einschlafen macht dick. Die Forscher haben demnach zu Studienbeginn Frauen nach Gewicht, Größe, Taillenund Hüftumfang und Body-MassIndex gefragt. Und bumm, fünf Jahre später waren jene, die zum Beispiel bei den politischen „Sommergesprächen“oder bei „Bauer sucht Frau“im österreichischen Fernsehen gegen 21.05 Uhr vor dem TV einnickten, einfach dicker. Das habe hormonelle Gründe, ließen uns die Forscher wissen. Künstliches Licht in der Nacht verändere biologische Prozesse.
Ich sehe mich seither als lebender Beweis dafür, wie einfach Studien zu widerlegen sind. So oft, wie ich vor dem Fernseher einnicke, müsste meine Waage ein dreistelliges Ergebnis anzeigen. Das Gegenteil ist der Fall. Und ja, ich habe die politischen „Sommergespräche“im Fernsehen auch verfolgt, wenn Sie das jetzt meinen. „Bauer sucht Frau“hingegen nicht.
Just am selben Tag wurde eine andere Studie publik. Kurz zusammengefasst zeigte diese: Pizza motiviert mehr als Geld. Ein amerikanischer Psychologieprofessor zeigte anhand eines Experiments, wie man Mitarbeiter zu Beginn einer Arbeitswoche aus einem Motivationsloch holt. Ein Gehaltsbonus bringe daher weniger als Lob vom Chef oder ein Pizzagutschein. Wer eine Pizza in Aussicht hatte, leistete deutlich mehr, so das Ergebnis. Ich neige erneut dazu, dem zu widersprechen, weil keine in Aussicht gestellte Diavolo der Welt mich Montagmorgen zu Höchstleistungen anspornt.
Aber abgesehen davon: Es muss einen Zusammenhang zwischen der Probandengruppe von Studie 1 und der Probandengruppe von Studie 2 geben. Wäre es möglich, dass jene, die vor dem Fernseher einschliefen und fünf Jahre später – schwuppdiwupp – dicker waren, auch jene mit dem Pizzagutschein vom Chef waren? Ich fürchte, ja. Wissen Sie, was es dazu bräuchte? Genau: eine Studie.