Salzburger Nachrichten

„The normal one“von Salzburg macht ungewöhnli­che Dinge

Andreas Ulmer ist ein Fußballpro­fi ohne Allüren. Der Kapitän von Red Bull Salzburg surft derzeit nicht nur wegen der Champions League auf der Euphoriewe­lle.

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Gegen Real Madrid spielen und Weltklasse­stürmer Karim Benzema in Schach halten: erledigt. Bei der Geburt des ersten Kindes dabei sein: erledigt. In der Champions League an der Anfield Road gegen den FC Liverpool spielen: Wird demnächst erledigt.

„Ja, momentan läuft es gut, es passt alles bei mir“, sagt Andreas Ulmer. Der 33-jährige Kapitän von Fußball-Serienmeis­ter Red Bull Salzburg freut sich über die aktuelle Glückssträ­hne. Aber etwas Höheres hineinzuin­terpretier­en liegt nicht in seinem Naturell. Genau so, wie er aus dem langjährig­en fortgesetz­ten Scheitern seines Clubs an der Qualifikat­ion zur Fußball-Königsklas­se weder Drama noch Trauma machte.

Dass er sich 2010 beim Anlauf auf die Champions League beim Aufwärmen verletzte und dann in den entscheide­nden Partien fehlte, dass ihn 2014 Malmö-Gegenspiel­er Markus Rosenberg brutal wegcheckte und er beim Rückspiel machtlos von draußen zuschauen musste – was manche zur unheimlich­en Horrorseri­e hochstilis­ieren würden, ist für den Salzburger Dauerbrenn­er eben der Lauf des Fußballs.

„The normal one“, so bezeichnet­e sich Jürgen Klopp, Trainer von Champions-League-Konkurrent Liverpool. Auf Andi Ulmer würde diese Zuschreibu­ng gut passen. Solche ehrlichen und bodenständ­igen Typen sind selten geworden im Fußball. Gerade deshalb genießt er höchstes Ansehen bei den Anhägern. Andreas Ulmer schreibt nicht „Important win!“unter seine Instagram-Postings wie manche seiner jungen und deutschspr­achigen Kollegen, sondern „Wichtiger Heimsieg“. Im Fußball von 2019 wirkt er wie ein Relikt von früher: Er posiert nicht mit Tattoos, er trägt außerhalb des Stadions keine Glitzersch­uhe, zerrissene Jeans oder Markenkapp­erl spazieren. Fußball spielt er des Fußballs wegen.

Nicht palavern, sondern Leistung abliefern, gemäß dieser Devise agiert Andreas Ulmer auch vor dem Mikrofon. Schlagzeil­entauglich­e Schenkelkl­opfer? Da lässt Ulmer die Moderatore­n genauso auflaufen wie auf dem Platz die Stürmer. Gut zu beobachten am Donnerstag, nachdem Fortuna seinem Club das Hammerlos FC Liverpool beschert hatte: Ob das Spiel an der Fußball-Kultstätte Anfield Road ein Highlight seiner Karriere sei? „Ja, sicher. Aber andere Stadien sind auch super.“Ob er sich auf den Besuch in der Stadt der Beatles freue? „Na ja, von den Städten sehen wir meistens nicht so viel.“

Dass es ein Typ wie Ulmer einmal zur Salzburger Vereinsiko­ne bringen würde, war keineswegs vorgezeich­net. Als der damalige Sportdirek­tor Heinz Hochhauser seinen oberösterr­eichischen Landsmann 2009 von der SV Ried zu den Bullen lotste, wirkte immer noch die schrille Frühzeit der Red-Bull-Ära nach. Erst nach und nach setzte sich die Erkenntnis durch, dass Stareinkäu­fe, pompöse Teampräsen­tationen und hohe Promidicht­e in den Skyboxen keine Siege auf dem Platz ersetzen können. Der solide Außenverte­idiger begann gleich einmal, ungewöhnli­che Dinge zu tun: Ulmer spielte in einer Saison, die 36 Spiele umfasst, 37 Partien. Dieses Kunststück gelang

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BILDER: SN/GEPA Alles hört auf mein Kommando: Nur auf dem Fußballpla­tz wird RedBull-Salzburg-Kapitän Andreas Ulmer laut. SALZBURG.

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