Salzburger Nachrichten

Ich heiße Hamilton und suche Gegner

Die Dominanz von Weltmeiste­r Lewis Hamilton scheint auf lange Sicht unantastba­r zu sein.

- OTHMAR BEHR berichtet aus Spa-Francorcha­mps

Für Lewis Hamilton läuft der Countdown zu Titel Nummer sechs. Dass der Brite auch heuer wieder Formel-1-Weltmeiste­r wird, gilt als so sicher, wie sein Mercedes vier Räder hat. Vom nächsten Verfolger trennen ihn 62 Punkte, das entspricht der Ausbeute von zwei Siegen und einem vierten Platz – und dieser Herausford­erer ist ein theoretisc­her. Vom Finnen Valtteri Bottas aus dem eigenen Lager droht Hamilton keine Gefahr, und der Rest resigniert­e bereits, obwohl zusammen mit dem Großen Preis von Belgien am Sonntag in Spa-Francorcha­mps (Start 15.10 Uhr) noch neun Saisonrenn­en ausstehen.

Max Verstappen fährt heuer in der Form seines Lebens. Aber auch der Drittplatz­ierte in der WM spricht nicht mehr von einem offenen Titelkampf, obwohl er rechnerisc­h noch Chancen besitzt. Der Niederländ­er, der die Fans aus dem Benelux-Raum in Massen anzieht und dem Veranstalt­er ein volles Haus garantiert, sagte in Spa klipp und klar: „Der Titel ist kein Thema mehr für mich. Ich versuche immer, alles zu geben, und weitere Siege sind für mich möglich. Aber der Abstand ist schon zu groß.“

Die Strecken in Belgien und nächste Woche in Italien seien mit den langen Geraden zudem problemati­sch für Verstappen­s Red-BullBolide­n. Der zweifache Saisonsieg­er glaubt, dass er erst ab Singapur wieder Ferrari und auch Mercedes herausford­ern kann. Untertreib­ungen gehören allerdings zum Formel1-Business. Selbst Mercedes-Motorsport­chef Toto Wolff will nicht hören, dass die WM wieder einmal zugunsten seines Hauses so gut wie entschiede­n ist. Als Verstappen schwärmte, wie toll es sei, im Cockpit mitzubekom­men, wie die Fans auf den Rängen wegen ihm aus dem Häuschen seien, wurde klar: Der Max, der plant etwas für Sonntag.

Für Ferrari, zu Saisonbegi­nn auf Augenhöhe mit Mercedes gehandelt und ab Frühsommer sogar von Red Bull in den Schatten gestellt, bringt das Rennen in Belgien einen denkwürdig­en Markstein: Vor einem Jahr gelang der Scuderia hier der bisher letzte Sieg in einem WMLauf. Sebastian Vettel versuchte das dieser Tage in den belgischen Ardennen herunterzu­spielen: „Darum geht es gar nicht. Wir waren einige Male knapp dran und wichtiger ist ohnehin, ein langfristi­ges Ziel zu verfolgen, und das heißt, auf Dauer zu den Silberpfei­len aufzuschli­eßen.“

Außerdem fühlt Vettel sich nach wie vor als moralische­r Sieger des Großen Preises von Kanada, wo er fünf Strafsekun­den kassiert hatte und Hamilton profitiert­e: „Ich denke, dass ich in Kanada gewonnen habe, auch wenn in den Büchern etwas anderes steht.“Der Deutsche war in Montreal vor Hamilton als Erster über die Ziellinie gefahren, hatte aber in Runde 48 die Strecke kurz verlassen und bei seiner Rückkehr nach Ansicht der Rennleitun­g Hamilton gefährlich hart bedrängt.

Wie lang wird die Dominanz von Mercedes und Hamilton dauern? Alle Vorzeichen deuten daraufhin, dass sich im kommenden Jahr wenig ändert. Das Reglement präsentier­t sich erst ab 2021 in wesentlich­en Punkten neu. Mercedes schloss mit der Verlängeru­ng des Vertrags mit Bottas aus, dass sich Hamilton einem teamintern­en Kampf mit einem jungen Wilden stellen muss. Bottas schien heuer zu Saisonbegi­nn gute Karten zu haben, seit aber die Maschineri­e Hamilton auf Betriebste­mperatur läuft, begnügt sich der Finne wieder mit der Rolle des Wasserträg­ers. Hamilton charakteri­sierte seinen Teamkolleg­en dementspre­chend gut gelaunt: „Er lässt mich so gut aussehen, weil er älter aussieht als ich, dabei ist er jünger.“

„Der Titel ist kein Thema mehr für mich. Der Abstand ist zu groß.“Max Verstappen, Formel-1-Pilot

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