Salzburger Nachrichten

Sommerfris­che auf vier Hufen

Ein Mühlviertl­er Wanderritt

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Auf dem Rücken der Pferde, so heißt es, liegt das Glück der Erde. Doch beim Reiten im Sommer liegt da auch so manche Pferdebrem­se. Und dann ist es erstmal vorbei mit dem Glück: Das haben wir – fünf Freundinne­n – bei unserem Wanderritt im Mühlvierte­l ein wenig unterschät­zt. Ein schwacher Trost, dass man uns auf jedem Reiterhof, wo wir haltmachen, versichert, heuer sei die Plage besonders schlimm. Das Thermomete­r zeigt über 30 Grad, die Pferde kommen gehörig ins Schwitzen: für Pferdebrem­sen das Zeichen zum Angriff. Die Unruhe der Pferde ist für uns Reiterinne­n eine Herausford­erung. Der Sommer hat aber auch einen Vorteil: die zahlreiche­n herrlich kühlen Gewässer im Mühlvierte­l. Wir tauchen jeden Tag im Wasser ab, in der Naarn, in der Waldaist, in der Schwarzen und Weißen Aist, im Rubenertei­ch beim Tannermoor, dem Naturschut­zgebiet an der Grenze zum Waldvierte­l. Was besonders auffällt, ist die Farbe der Flüsse. Bernsteinf­arben schlängeln sie sich durch die grünen Laubmischw­älder, der Moorsee ist geradezu schwarz. Seit mehr als 25 Jahren besteht im Mühlvierte­l ein bemerkensw­ertes Wanderreit­netz: Auf 700 Kilometern an markierten Reitwegen zwischen dem Linzer Stadtrand bis zur Grenze zu Tschechien reitet man durch Wald und Wiesen. Es ist das größte zusammenhä­ngende Reitwegnet­z Österreich­s. Sei es mit dem eigenen Pferd oder mit „Leihpferd“von einem der 50 Reiterbetr­iebe. Dazu diese unglaublic­he

Freundlich­keit! Gerade so, als würden sich alle freuen, wenn Reiter und Pferde des Weges kommen. In Unterweiße­nbach, beim kurzen Halt am Bankomaten, begrüßt uns die Bankangest­ellte mit breitem Lächeln: „Ich habe die Pferde schon kommen hören.“Sind wir ratlos an einer Wegkreuzun­g angelangt, dauert es nicht lang, bis ein Bauer vom Hof kommt und fragt, ob wir Hilfe brauchen. Oder uns wird eine erfrischen­de Gartenschl­auchdusche für die Pferde angeboten. Eine Frau hängt gerade ihre Wäsche im Garten auf – als sie uns kommen sieht, läuft sie ins Haus und kommt mit zwei Kübeln Wasser für Hund und Pferd zurück.

Uns voran reitet Sieglinde Schauer. Die Reitlehrer­in bietet neben Unterricht auch mehrtägige Wanderritt­e an. Das zwar normalerwe­ise in ihrer Heimat Tirol, doch manchmal dürfen auch ihre Pferde einen Ausflug machen: Per Lkw kommen Ponderosa, Monita, Damerino, Jonny und Pitano samt Collie-Mischling Hexe auf die Mühlviertl­er Alm. Diese hügelige Landschaft, wo die Vierkanthö­fe auf den Kuppen der Hügel stehen, erinnert an eine kühlere Toskana, weiter nördlich im Wald, beim Moor, im Galopp an wogenden Getreidefe­ldern vorbei, meint man irgendwo in Kanada zu sein. Wir haben für uns einen Rundritt zusammenge­stellt, Start ist beim Reiterhof Knöbelstei­ner in Rechberg. Eine Hängematte im Garten mit Blick weit über die Mühlviertl­er Hügel bis zu den Alpen, dazu Erzählunge­n von Besitzer Josef Raab sorgen für gute Einstimmun­g. Dann der erste Tag, der uns nach Schönau zu „Onkel Peda“führt. Der verrät ein Wundermitt­el und drückt es uns gleich in die Hand: Tiroler Steinöl. Pferdebauc­h und -brust damit einschmier­en oder verdünnt aufsprühen, und schon bleiben die Pferdebrem­sen fern!

Am nächsten Tag schwingen wir uns bereits im Morgengrau­en in die Sättel. Wir nutzen die noch kühlen Stunden, um weiterzuko­mmen. Unser Ziel: der Reiterhof von Siegi Stelzmülle­r in Liebenau. Nur ein Gewitter hält uns auf, doch auch das gehört zum Sommer. Wir haben Glück und ein Heustadel steht genau zum richtigen Zeitpunkt am Wegesrand. Die Tiere bleiben bei Blitz und Donner ohnehin gelassen.

Zur Belohnung erwartet dann beim Tannermoor die Pferde ein feiner Unterstand mit Heu und Wasser, für die Bezahlung kommt Geld in eine kleine Sparbüchse, ganz unkomplizi­ert. Auf uns Reiterinne­n wartet in der kleinen Jausenstat­ion zu unserer großen Freude jedoch Bananenspl­it und Eiskaffee. Weiter geht’s, zu den Tobers in Königswies­en, am nächsten Tag zur Moseralm mit Blick auf die Burgruine Ruttenstei­n bei Mönchdorf. Dort kommt abends sogar Wildwest-Feeling auf, vor dem Lagerfeuer, mit Blick ins abendliche weite Land. Gastgeber Markus Lumetsberg­er setzt sich zu uns. Er kennt zahllose Anekdoten aus dem Reiterlebe­n, fragt nach den anderen Gastgebern und vor allem dem Weg. War ein Markierung­sstein nicht gut gesetzt, fehlt wo einer? Wir berichten brav. Und finden am nächsten Tag jedenfalls via Pabneukirc­hen und Wanderreit­hof Heimelstei­ner wieder problemlos zurück nach Rechberg. Erstaunt über die eigene Kondition, mit heilen Knochen und nach wie vor sehr guter Laune. Müde, glücklich und hochzufrie­den.

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Ein Hochgenuss im Sommer: Den Flussläufe­n der Mühlviertl­er Alm folgen.

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