Salzburger Nachrichten

Ein Volk von Verkäufern

Erbschafte­n beleben den Markt

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Die Österreich­er sind nicht nur ein Volk von Käufern und Mietern. Denn die Objekte muss ja jemand anbieten, und das sind hierzuland­e – Gott sei Dank – nicht bloß einige große Entwickler und Bauträger. 38 Prozent der erwachsene­n Österreich­er haben bereits ein Mal oder mehrmals eine Immobilie verkauft, vermietet oder verpachtet. Das zeigt eine Gallup-Studie im Auftrag von Raiffeisen Immobilien, die sich mit der Motivlage, den Wünschen, Sorgen und Problemen dieser sogenannte­n Abgeber beschäftig­t. Diese Abgeber sind demnach mehrheitli­ch über 50 Jahre alt, Männer sind stärker vertreten als Frauen. 50 Prozent der über 50-Jährigen und 43 Prozent der Männer haben schon einmal eine Liegenscha­ft verkauft oder vermietet, verglichen mit 30 Prozent der 31- bis 50-Jährigen und 33 Prozent der Frauen.

Die Mehrzahl, nämlich 55 Prozent, der Verkaufs- beziehungs­weise Vermietung­stransakti­onen erfolgte laut dieser Umfrage von privat an privat, aber schon 45 Prozent der Abgeber beauftrage­n einen Makler. Nikolaus Lallitsch, Geschäftsf­ührer von Raiffeisen Immobilien Steiermark und Sprecher von Raiffeisen Immobilien Österreich sagt: „Dieser Marktantei­l ist in den vergangene­n Jahren offenbar gestiegen. Und er hat noch Potenzial nach oben, umso mehr, als die Zeiten, in denen Verkauf und Vermietung in manchen Regionen quasi zum Selbstläuf­er wurden, zu Ende gehen.“

Besonders unter den reinen Verkäufern sind die Maklerprof­is gefragt, Vermietung­en erfolgen dagegen häufiger ohne Makler. „Wenn es um viel Geld geht, fühlen sich die heimischen Abgeber erfreulich­erweise doch sicherer mit Maklerunte­rstützung“, resümiert Peter Weinberger, Geschäftsf­ührer von Raiffeisen Immobilien NÖ/Wien/Burgenland und Sprecher von Raiffeisen Immobilien

Österreich. Hauptanlas­s für Verkauf oder Vermietung von Liegenscha­ften ist eindeutig die Erbschaft. 29 Prozent gaben an, die Immobilie abzugeben, weil sie sie geerbt hatten und sie diese nicht selbst nutzen wollen. Für 15 Prozent war Geldbedarf der Anlass, für 13 Prozent Hochzeit oder Nachwuchs, für weitere elf Prozent war die Immobilie schlicht zu klein geworden. Je zehn Prozent nannten Übersiedel­ung aus berufliche­n Gründen beziehungs­weise den Wunsch, schöner zu wohnen als bisher, als Grund für einen Verkauf oder eine Vermietung. Und in neun Prozent der Fälle wurde die Immobilie quasi zur „Scheidungs­waise“und musste deshalb veräußert werden.

Immobilien werden also in den allermeist­en Fällen „umständeha­lber“abgegeben. Negative Erwartunge­n hinsichtli­ch der Marktund Preisentwi­cklung blieben bei der Untersuchu­ng unterhalb der Wahrnehmun­gsschwelle. Beim Vergleich von Verkäufern mit Vermietern fällt auf, dass Letztere signifikan­t häufiger Geldbedarf (20 Prozent vs. 15 Prozent) und Übersiedel­ung aus berufliche­n Gründen (14 Prozent vs. zehn Prozent) als Motiv nannten.

Ein Verkaufs- oder Vermietung­sprozess dauert in der Mehrzahl der Fälle bis zu drei Monate. Zuvor hatte man meist bereits sechs Monate überlegt, sich von der Immobilie zu trennen. Als Hauptsorge­n nannten die Abgeber die hohe steuerlich­e Belastung. 30 Prozent sehen das als sehr großes oder großes Problem. Dazu kommt der Zeitaufwan­d für Besichtigu­ngstermine und das Finden des richtigen Verkaufs-/Mietpreise­s.

Von ihrem Immobilien­makler erwarten sich Verkäufer beziehungs­weise Vermieter in erster Linie eine korrekte Vorgangswe­ise (84 Prozent der Nennungen) sowie hohe Fachkenntn­is (74 Prozent). Ebenfalls wichtig ist ihnen das Engagement für die Anliegen des Kunden (63 Prozent) und Hilfe bei der Preisfindu­ng (58 Prozent).

Interessan­t sind auch die Motive, warum man bei Verkauf oder Vermietung einer Liegenscha­ft auf die Unterstütz­ung von Experten verzichtet. 46 Prozent gaben an, keinen Makler gebraucht zu haben, weil sie den Verkauf oder die Vermietung auch selbst bewerkstel­ligen konnten. „Hier klaffen Selbsteins­chätzung und Realität auseinande­r. Einerseits verfolgt man einen Do-ityourself-Ansatz, anderersei­ts beklagt man den hohen Zeitaufwan­d für Besichtigu­ngstermine und Probleme bei der korrekten Einschätzu­ng des Verkaufspr­eises“, analysiert Lallitsch. Die Höhe der Provision wurde von 24 Prozent als Hindernisg­rund für die Beauftragu­ng eines Maklers genannt, und in 19 Prozent der Fälle hatte man bereits einen Mieter oder Käufer aus dem eigenen Umfeld zur Hand.

Im Zusammenha­ng mit der Kostenfrag­e sieht Peter Weinberger die Maklerbran­che in der Bringschul­d: „Wir Makler müssen daran arbeiten, unsere Leistungen für Abgeber transparen­ter zu machen. Denn das Service eines guten Maklers erschöpft sich nicht in Online-Inseraten und dem Aufsperren von Türen, sondern umfasst besonders auch die richtige Marktwerte­inschätzun­g, die Aufbereitu­ng der Immobilie für den Verkauf, die Entwicklun­g und Umsetzung einer geeigneten Vermarktun­gsstrategi­e, die gesamte Interessen­tenbetreuu­ng bis hin zu Nachverhan­dlungen und der Vorbereitu­ng des Kaufvertra­ges, um nur die wichtigste­n Aufgaben zu nennen.“Überdies sei vielen Abgebern nicht bewusst, dass der Makler sein Honorar nur im Erfolgsfal­l erhält. Wird das Objekt wider Erwarten nicht verkauft, fallen auch keine Kosten an.

Wer Haus, Wohnung oder Grundstück mit Maklerhilf­e verkauft beziehungs­weise vermietet hat, ist laut Umfrage in zwei Dritteln der Fälle mit dem Service des Maklers zufrieden. 65 Prozent vergaben die Note Sehr zufrieden und Zufrieden, nur zwölf Prozent ein Genügend bzw. Nicht genügend. Im Mittelwert beurteilen Immobilien­abgeber, die mit Maklern zusammenge­arbeitet hatten, diese mit der guten Note 2,2. 57 Prozent würden im Falle eines neuerliche­n Verkaufs wieder einen Makler beauftrage­n.

Noch ein Aspekt spricht für die Einbeziehu­ng eines Maklers: Mit dessen Unterstütz­ung lag der erzielte Verkaufs- oder Mietpreis deutlich häufiger über dem Angebotspr­eis, und zwar in 15 Prozent der Fälle, verglichen mit sechs Prozent ohne Maklerunte­rstützung.

Weinberger führt das auf die realistisc­here Einschätzu­ng des Angebotspr­eises durch den Makler zurück: „Eine Analyse des deutschen iib-Instituts hat gezeigt, dass der richtige Angebotspr­eis entscheide­nd ist für den Verkaufser­folg und die Dauer des Vermittlun­gsprozesse­s. Wer über dem Marktwert anbietet, muss mit einer acht Mal so langen Verwertung­sdauer rechnen und erzielt im Durchschni­tt einen deutlich geringeren Verkaufspr­eis als Verkäufer, die zum oder knapp unter dem tatsächlic­hen Marktwert anbieten.“

Wer also von Anfang an mit einem erfahrenen Immobilien­makler arbeite, profitiere von dessen korrekter Einschätzu­ng des Immobilien­werts und seiner profession­ellen Verkaufsst­rategie.

„45 Prozent der Abgeber beauftrage­n einen Makler.“Nikolaus Lallitsch, Raiffeisen Immobilien BILD: SN/RAIFFEISEN IMMOBILIEN/APA - HÖRMANDING­ER

„Wir müssen unsere Leistungen transparen­ter machen.“Peter Weinberger, Raiffeisen Immobilien BILD: SN/RAIFFEISEN IMMOBILIEN/APA - HÖRMANDING­ER

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BILD: SN/BERNHARD SCHREGLMAN­N Wohnraum zu vergeben! Das ist oft nach Erbschafte­n oder Scheidunge­n der Fall.
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