Landesverteidigung taugt nicht als Wahlkampf-Gag
Das Heer ist fast pleite, die langfristigen Konzepte zur Sicherheitspolitik fehlen. Höchste Zeit, das nachhaltig zu ändern.
Ein Terrorangriff auf die Bundeshauptstadt mit Maschinengewehren und Granaten, die Miliz muss mobilisiert werden, doch es fehlen Funkgeräte und Fahrzeuge, um die Kräfte richtig einzusetzen. Die Angreifer haben leichtes Spiel. Zweites Beispiel: Ein Cyberangriff legt das Stromnetz lahm. Nichts geht mehr. Chaos. Es regiert das Recht des Stärkeren.
Es sind drastische Bilder, die Verteidigungsminister Thomas Starlinger zeichnet. „Sie glauben, das Bundesheer beschützt Sie in dieser Situation? Ich muss Sie leider enttäuschen, aufgrund der drastischen Sparmaßnahmen der letzten 30 Jahre können wir das bald nicht mehr ausreichend gewährleisten.“So weit der einstige militärische Berater von Bundespräsident Van der Bellen und nunmehrige Minister. Am Dienstag legte er einen Zustandsbericht vor, der die düsteren Aussagen mit Fakten untermauert.
Starlinger weiß, dass man mit dramatischen Beispielen arbeiten muss, um auf die finanzielle Untauglichkeit des Bundesheeres aufmerksam zu machen. Zuletzt drohte er aufgrund fehlender Mittel mit dem Ende der alljährlichen Leistungsschau am Nationalfeiertag. Ein Aufschrei ging durchs Land.
Doch erst durch ein so plakatives Beispiel wurde der Öffentlichkeit und der Politik klar, wie es tatsächlich um die heimische Landesverteidigung steht. Dass erst das mögliche Ende einer Veranstaltung – die bei Weitem nicht zur Kernaufgabe des Militärs gehört – eine öffentliche Debatte um die Funktionstüchtigkeit unseres Heeres auslöst, zeigt, wie die heimische Landesverteidigung gesehen wird. Panzerschau am Ring steht über langfristig gedachter Sicherheitspolitik.
Anders ist es nicht zu erklären, dass seit Jahren die Substanz des heimischen Heeres untergraben wird und von den Vorgängerministern (ÖVP, SPÖ, FPÖ) derartig dramatische Appelle bisher fehlten. Dazu muss der in der Truppe teilweise als „grünenfreundlich“verschriene Übergangsminister ausrücken.
Doch die Verstärkung für das Heer in Form von Milliarden wird so schnell nicht kommen. Angesichts des Kassasturzes wäre es aber zumindest an der Zeit für grundlegende Überlegungen, wie eine Verteidigungspolitik in den kommenden Jahrzehnten prinzipiell aussehen könnte. Etwa was die Stärkung des eigentlich verfassungsgemäßen Milizsystems betrifft.
Bahn frei also für die besten Ideen. Und zwar nachhaltige, keine Wahlkampf-Gags. Denn im Buhlen um die Wählerstimmen ist das Bundesheer oft gut genug. Was aber von Wahlversprechen übrig bleibt, sieht man angesichts des aktuellen Heeresberichts.