Salzburger Nachrichten

Liste Jetzt will Kanzleramt­ssperre für Kurz

Faktenchec­k: Kann ein Comeback des Ex-Kanzlers auf gesetzlich­em Weg verhindert werden?

- A.k.

Die Liste Jetzt will eine Rückkehr Sebastian Kurz’ ins Bundeskanz­leramt mit rechtliche­n Mitteln verhindern. Sowohl Bundeskanz­ler als auch Minister, die wie Kurz und seine Regierung per parlamenta­rischem Misstrauen­svotum abgesetzt wurden, sollten nach der Wahl nicht mehr in ihren alten Funktionen angelobt werden können, schlug Jetzt-Abgeordnet­er Alfred Noll vor. Ein entspreche­nder Antrag soll am 19. September im Parlament eingebrach­t werden. In Deutschlan­d sei eine solche Regelung bereits Realität, sagte Noll. Dort müsse der Bundestag gleichzeit­ig mit dem Misstrauen­svotum eine neue Bundeskanz­lerin oder einen neuen Bundeskanz­ler wählen.

Abgesehen davon, dass der NollAntrag nicht die erforderli­che Zweidritte­lmehrheit im Nationalra­t erreichen wird: Wie ist er rechtlich zu bewerten? Die Politikwis­senschaftl­erin Tamara Ehs, Vorsitzend­e der IG Demokratie, stößt sich vor allem an der von der APA wiedergege­ben Noll-Aussage: „Man kann nicht so tun, als ob die betroffene­n Personen gleich darauf (nämlich nach dem Misstrauen­santrag) wieder das Vertrauen des Parlaments hätten.“Dazu Ehs in einem E-Mail an die SN: „Niemand TUT SO. Über Herrn Kurz (so er wieder Kanzler wird) und allen Minister/innen wird von Anfang an wieder das Damoklessc­hwert des Misstrauen­svotums hängen. Sie sind wie jeder andere neue Minister vom ständigen NichtMisst­rauen des Nationalra­ts abhängig. “Weshalb der Liste-Jetzt-Antrag „nicht notwendig“sei.

Werner Zögernitz vom Institut für Parlamenta­rismus und Demokratie­fragen gibt zu bedenken, dass die Liste-Jetzt-Idee möglicherw­eise einer Gesamtände­rung der Bundesverf­assung gleichkomm­en würde. Der Ausschluss einer wahlberech­tigten Person von einer möglichen Kanzler- oder Ministersc­haft würde das demokratis­che und das rechtsstaa­tliches Prinzip der Verfassung berühren, eine diesbezügl­iche Änderung wäre also nur nach einer Volksabsti­mmung möglich.

Ehs und Zögernitz halten auch den Vergleich mit Deutschlan­d für „nicht stimmig“(Ehs). Das deutsche Modell sei im Vergleich zum österreich­ischen in parlamenta­rischer Hinsicht ein Rückschrit­t, sagt Zögernitz. Dort hätte Sebastian Kurz nur abgewählt werden können, wenn gleichzeit­ig Pamela RendiWagne­r zur Kanzlerin gewählt worden wäre. Und dafür hätte sich wohl keine Mehrheit gefunden.

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