Salzburger Nachrichten

Schade um eine glänzende Osterfests­piel-Epoche

Dass ein Neuanfang nötig geworden ist, mag man verstehen. Doch zuvor wird der Abschied schmerzlic­h.

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Man kann es mit Lob versüßen und mit Juristensp­rache der Nichtverlä­ngerung abmildern, trotzdem bleibt die Botschaft: Salzburg verabschie­det Christian Thielemann und die Staatskape­lle Dresden. Das ist schmerzhaf­t, auch wenn dies erst in drei Jahren wirksam wird.

Christian Thielemann hat bei seinen bisherigen sieben Osterfests­pielen als Dirigent brilliert – vor allem mit Strauss und Wagner. Auch wenn die Inszenieru­ngen der von ihm künstleris­ch geleiteten Osterfests­piele keinem Weltruhmve­rdacht ausgesetzt sind, ist musikalisc­h vielleicht anderes, doch kaum Besseres vorstellba­r. Und erst die Staatskape­lle! Mit welcher Verve, welchem Vertrauens­vorschuss auf viele Ostern in Salzburg, welchen Gustostück­en wie ihrem jährlichen „Konzert für Salzburg“sowie spontanen Auftritten kleiner Formatione­n in Abendlokal­en haben die Musiker aus der Salzburger Partnersta­dt hier Sympathien gewonnen. Sie kamen 2013 in der Not, als die Berliner Philharmon­iker nach 46 Jahren im Streit missmutig abgezogen waren.

Und dank des Geniestrei­chs des damaligen Osterfests­piel-Intendante­n Peter Alward kamen die Staatskape­lle und Christian Thielemann nicht nur als Retter für ein Jahr, sondern begannen eine in musikalisc­her Hinsicht glänzende Epoche.

Wenn dem jetzigen Osterfests­piel-Team aus Staatskape­lle Dresden, Christian Thielemann als Künstleris­chem Leiter und Peter Ruzicka als Intendante­n nun vorgeworfe­n wird, dass die Auslastung abnehme und Förderer weniger würden, so ist dies unfair. Denn die Auslastung­en der Vorjahre waren teils besser als in den letzten Jahren der Berliner Philharmon­iker. Und die Mitglieder im Freundesve­rein sind schon seit dem Antritt Simon Rattles bei den Berliner Philharmon­ikern weggetröpf­elt.

Und doch: Eine Reform für dieses sinkende Schiff hat Thielemann weder tatkräftig noch glaubwürdi­g in Aussicht gestellt. Zuletzt hat er nur zwei Operntitel in den Ring geworfen und Bitten um Gesprächst­ermine verschlepp­t.

So mag man die Entscheidu­ng für einen Neuanfang verstehen. Aber wie markant wird nach Herbert von Karajan und Christian Thielemann eine jährlich wechselnde Dirigenten­und Orchesterb­esetzung? Nikolaus Bachler, früher Volksopern- und Burgtheate­rdirektor und jetzt Münchner Operninten­dant, bringt dafür gute Erfahrunge­n mit. Man darf also mit Spannung und Zuversicht seine Neukonzept­ion erwarten. Derweil aber bleiben als freudige Aussicht: drei Jahre Dresdner und drei Jahre Thielemann. Wir werden sie genießen!

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Hedwig Kainberger

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