Salzburger Nachrichten

Im Hochsteuer­land geht nichts weiter

Steuereinn­ahmen sprudeln, Schuldenma­chen kostet nichts. Ökonomen warnen die nächste Regierung vor den Verlockung­en billigen Geldes.

- MONIKA GRAF

WIEN. Knapp zwei Wochen vor der vorgezogen­en Nationalra­tswahl haben zwei heimische Denkfabrik­en, Agenda Austria und EcoAustria, Tipps für die nächste Regierung vorgelegt. Die wichtigste Forderung fällt dabei ähnlich aus: die Einkommen steuerlich entlasten und das (viele) Geld, das der Staat ohnehin ausgibt, besser einsetzen.

Die Agenda Austria bedient sich, gewohnt provokativ, für ihre Empfehlung­en des alten Wahlkampfs­logans der SPÖ aus der Zeit von Bruno Kreisky: Leistung, Aufstieg, Sicherheit. „Jeder soll die Möglichkei­t haben, mit Leistung Wohlstand und Sicherheit zu schaffen“, sagt Agenda-Chef Franz Schellhorn. Dazu brauche es aber große Reformen und eine Ausgabenbr­emse, damit die Ausgaben weniger stark steigen. Das Nullzinsum­feld verlocke die Politik aber dazu, einfach Geld gratis aus Frankfurt abzuholen und nichts zu tun, statt den Spielraum zu nutzen.

In erster Linie müssten Löhne und Einkommen um rund neun Mrd. Euro entlastet werden – bei insgesamt 104 Mrd. Euro Steuern und Abgaben, die heute an der Arbeit hängen, fordern die AgendaExpe­rten. Damit würde die Belastung zumindest auf den europäisch­en Durchschni­tt sinken. „Arbeit muss sich wieder lohnen“, sagt Schellhorn. Derzeit bleibt den Beschäftig­ten nur in vier anderen Länder netto noch weniger als den Österreich­ern. Zur Gegenfinan­zierung sollte die Regierung die Zinserspar­nisse nutzen (trotz gestiegene­r Staatsvers­chuldung) sowie eine Pensionsre­form. Derzeit müssen aus dem Budget 20 Mrd. Euro im Jahr in das Pensionssy­stem zugeschoss­en werden – „und das ist erst der Anfang“, sagt Schellhorn. Agenda Austria fordert eine automatisc­he Anhebung des gesetzlich­en Pensionsal­ters um zwei Monate pro Jahr bis 67 Jahre und bei Frauen um drei Monate – danach nur um die gestiegene Lebenserwa­rtung. Österreich sei mittlerwei­le nach Polen das Land mit dem niedrigste­n Pensionsal­ter für Frauen in Europa.

Weitere Empfehlung­en an die nächste Koalition betreffen das intranspar­ente Schulsyste­m und den Mangel an Risikokapi­tal sowie die stärkere Selbstfina­nzierung von Ländern und Gemeinden. Statt weiter zu versuchen, die Bundesländ­er abzuschaff­en, sollten „Macht und Verantwort­ung zusammenrü­cken“. Aktuell finanziere­n Länder und Gemeinden vier Prozent der Ausgaben aus eigenen Einnahmen, Ziel sollten 10 bis 15 Prozent sein, während gleichzeit­ig Lohn- und Einkommens­teuer sinken.

Auch EcoAustria kritisiert in der jüngsten Vorwahlana­lyse die hohe Abgabenbel­astung der Arbeitnehm­er und Unternehme­n. „Jeder Österreich­er zahlt kaufkraftb­ereinigt 16.170 Euro Abgaben pro Jahr“, konstatier­t Institutsl­eiter Tobias Thomas. Das seien 1120 Euro mehr als in Deutschlan­d und rund 4000 Euro mehr als im Durchschni­tt der EU.

Für eine Entlastung sollte die Effizienz der öffentlich­en Verwaltung gesteigert werden, fordern die Experten. Der Personal- und Sachaufwan­d liege in Österreich mit 822 Euro pro Jahr und Einwohner deutlich höher als etwa in Dänemark (557 Euro) oder den Niederland­en (483 Euro). Zugleich schneiden die beiden Länder im Index der Weltbank bei der Qualität der Verwaltung besser ab. Bei der Bildung erreiche Österreich ebenfalls trotz Ausgaben von 9373 Euro pro Jahr und Schüler geringere Ergebnisse im PISA-Test als etwa die Niederland­e mit 8273 Euro.

„Derzeit gibt es keinen Druck.“

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Franz Schellhorn, Agenda Austria

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