Kurz & Kogler gehen ins Finale
Plan A ist eine Regierung aus ÖVP und Grünen. Es gibt aber auch andere Optionen.
WIEN. K. & k. Kuriositäten. Das Schild gegenüber dem Eingang zu den Prunksälen des Finanzministeriums, dem Sondierungshauptquartier, ist hoffentlich kein böses Omen für die Ausgestaltung einer möglichen Kurz-Kogler-Regierung. Am Freitag ging die lange Sondierung zwischen Türkis und Grün jedenfalls in das Finale. Mehr als einen Monat nach der Nationalratswahl.
Die letzte Gesprächsrunde ist nach mehr als zehn Stunden zu Ende gegangen: Eine Festlegung, ob man nun Koalitionsverhandlungen aufnehmen werde, gab es danach weder von ÖVP-Chef Sebastian Kurz, noch vom Grünen Werner Kogler. Beide Seiten wollen nun intern beraten. Die Grünen werden sich am Sonntag deklarieren, die ÖVP am Montag.
Salzburgs ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer, seit Jahren regierungserfahren mit einem grünen Partner, hält die Überlänge der Sondierungsphase keineswegs für ein schlechtes Omen. „Man muss sich Zeit nehmen, um 30 Jahre gegenseitig aufgebaute Vorurteile abzubauen“, sagt er im SN-Gespräch. Daher sei es richtig, sich ausreichend Zeit zu nehmen.
Und noch einen bemerkenswerten Aspekt bringt der Salzburger Landeshauptmann ein: In einer Koalition müsse man zwar die Gemeinsamkeiten suchen. Doch nicht in allen Bereichen. Denn es gebe auch „Felder, die man nicht betreten möchte, weil die Positionen zu weit auseinanderliegen.“Diese Dinge müssten bei der Kompromisssuche ausgeklammert werden, sagt Haslauer und nennt ein Beispiel: „Dass wir (die ÖVP, Anm.) beim Migrationsthema komplett aufmachen, wird nicht möglich sein.“Und für die Grünen werde es Themen geben, die nicht verhandelbar seien. „Im Grunde genommen“, resumiert der LH, „erwartet jeder in Österreich, dass es in Richtung Regierungsverhandlungen weitergeht.“
Das dürfte auch der Plan der türkisen und grünen Verhandler in Wien sein, die am Freitag zu ihren letzten Sondierungsrunden zusammengetroffen sind. Am Wochenende will ÖVP-Obmann Kurz die schwarzen Landeshauptleute und die sonstigen ÖVP-Gewaltigen darüber informieren, ob er mit den Grünen in Regierungsverhandlungen geht. Formellen Beschluss eines Parteigremiums braucht der designierte Kanzler keinen – er hat sich für derlei Entschlüsse freie Hand geben lassen, als er vor mehr als zwei Jahren die Partei übernahm.
Etwas basisdemokratischer ist es bei den Grünen. Die Entscheidung, ob Parteichef Werner Kogler mit der ÖVP konkret über die Bildung einer Regierung verhandeln soll, trifft nicht Kogler, sondern der Erweiterte Bundesvorstand. Dieses Gremium ist für Sonntag zu einer Sitzung nach Wien geladen. Allseits wird damit gerechnet, dass Kogler grünes Licht für die Regierungsgespräche erhält. Am Montag – also nach Vorliegen des grünen Abstimmungsergebnisses – wird sich dann Sebastian Kurz an die Öffentlichkeit wenden. Und – davon ist auszugehen – die Aufnahme von Regierungsverhandlungen verkünden.
So weit Plan A, der aber selbstverständlich noch scheitern kann. Schon 2003 haben ÖVP und Grüne nächtelang regierungsverhandelt, nur um am Ende bekannt zu geben, dass es doch nichts wird mit einer gemeinsamen Bundesregierung. Für den Fall, dass auch diesmal eine Nicht-Einigung am Ende der Gespräche stehen sollte, gibt es drei weitere Optionen: eine Regierung aus ÖVP und FPÖ, eine Regierung aus ÖVP und SPÖ und eine ÖVPMinderheitsregierung.
Zwar haben Freiheitliche und Sozialdemokraten bald nach dem Wahltag erklärt, keine Sondierungsgespräche mit der ÖVP führen zu wollen. Beide ließen sich aber Hintertürchen offen. FPÖ-Obmann Norbert Hofer erklärte sinngemäß, dass die FPÖ als Regierungspartner zur Verfügung stehen werde, sollten die Gespräche der ÖVP mit den übrigen Parteien scheitern. Hinter den Kulissen ist zu erfahren, dass die FPÖ nichts lieber täte, als wieder in die Regierung einzusteigen.
Auch die SPÖ nahm sich nach ihrer Wahlschlappe aus dem Regierungsspiel. Zuletzt zeigte sich bei der Sozialdemokratie aber Bewegung. Parteichefin Pamela RendiWagner nannte dieser Tage vier Punkte, die die ÖVP erfüllen müsste, damit die SPÖ in Regierungsverhandlungen einsteigt: Der ZwölfStunden-Tag solle nur nach Zustim
„30 Jahre Vorurteile abbauen.“
Wilfried Haslauer, LH Salzburg
mung des Betriebsrats möglich sein; eine rasche Steuerreform solle Gehaltsbestandteile unter 1700 Euro monatlich steuerfrei stellen; eine Klimamilliarde solle unter anderem dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der thermischen Sanierung zugute kommen.
Die Erfüllung der drei Forderungen sollte für die ÖVP keine Schwierigkeit darstellen. Forderung vier (Mehrwertsteuerbefreiung für Mieten) ist steuerrechtlich nicht gut umsetzbar, hier müsste wohl eine andere Lösung gefunden werden. Dennoch: Unüberwindliche Hürden sehen anders aus.
Derzeit ist freilich Plan A, eine türkisgrüne Regierung, wahrscheinlichste Variante. also die