Altes wiederbeleben und Neues schaffen
Wie das funktionieren soll, haben Blank Manuskript im Dialoggespräch mit Andreas Fladvad-Geier verraten, und dabei ganz nebenbei einen ideellen Leitfaden für das Festival gesponnen.
„Nein, das machen wir nicht, da gibt’s keinen Alkohol und keine Frauen!“Was Blank Manuskript im Spaß antworten, als Andreas Fladvad-Geier, Künstlerischer Leiter der Dialoge, sie fragt, was sich die Band bei der Anfrage der Stiftung Mozarteum dachte, erwarten wahrscheinlich viele Menschen im Ernst. Eine Rockband im Großen Saal, der zu den beliebtesten Orten für CD-Einspielungen großer Kammermusiker weltweit gehört?
Im Ernst ist er auch ein begehrter Spielort für die fünf Musiker der Salzburger Band, die die Töne, die sie erzeugen, selbst als ArtRock bezeichnen. Grenzen von Musik, Schubladendenken und Klischees über Musik, das interessiert Blank Manuskript nicht, sie wollen die Musik machen, auf die sie gerade Lust haben. Passenderweise hatte Andreas FladvadGeier auch keine besonders große Lust auf Grenzen für die Dialoge, dafür aber auf die Musik von Frank Zappa, und genau das hat er dem oenm, dem österreichischen ensemble für neue musik, vorgeschlagen, das wiederum Blank Manuskript ins Boot holen wollte. Eine großartige Idee und Ausgangslage für ein Gespräch im Probenraum der Band zwischen dem Mann hinter dem Festivalprogramm und den Männern hinter den Rockinstrumenten.
Blank Manuskript: Wir versuchen ja bewusst, in unserer Musik andere Formate zu machen. Es geht um eine gewisse Auseinandersetzung mit Ernsthaftigkeit. Um junge Menschen zu erreichen, ist es, glauben wir, nötig, eine ganz andere Anstrengung zu verwenden, nämlich irgendwie wieder dahin zu kommen, dass
Musik mehr ist als nur Berieselung und Mittel, um den Alltag erträglicher zu machen. Wir haben oft Menschen in unseren Konzerten, die eher zufällig gekommen sind und dann aber total begeistert waren. Das heißt, es ist oft nur eine Hürde, die nicht überwunden wird, obwohl danach viel Schönes lauert. Wie man es schafft, dass diese Hürde überwunden wird, das ist die Herausforderung.
Fladvad-Geier: Ja, da haben wir die gleiche Aufgabe. Gerade „dieses Neue“ist heute auch „dieses Schwierige“, das wir immer bedienen. Viele Sachen werden nur noch gemacht, damit sie neu sind oder sein sollen. Was man ja auch an unserem Projekt hier merkt, ist, dass alles schon einmal irgendwie da gewesen ist, wenn man nur weit genug zurückschaut. In mittelalterlicher Musik oder im Barock gab es schon Klänge und Ideen, die genauso wieder 400 Jahre später aufgenommen wurden, vielleicht mit einer neuen Spielweise oder einem neuen Notensystem, aber im Kern ist dieses Neue eigentlich nichts Neues.
Blank Manuskript: Ja, und wir glauben, dass auch die menschliche Seele sich im Laufe der Jahrhunderte nicht so gravierend verändert hat. Es gibt vielleicht ein paar kleine Veränderungen, der Mensch entwickelt sich, aber im Wesentlichen sind die Grundemotionen immer noch die gleichen.
Fladvad-Geier: … und das Neue entsteht dann quasi nebenbei. Es ist ja auch nicht so, dass ihr mit einem neuen Album zwangsläufig was erfinden wollt, sondern euch fragt, wie komme ich an den Kern meiner Botschaft, oder?
Blank Manuskript: Genau! Und wenn sich da etwas ausweitet, wo man es gar nicht vermutet hätte, dann ist das der Weg. Für uns sind Musik, Komposition und Instrumentierung Werkzeuge, um Gefühle zu transportieren. Es kann dann auch sehr leicht passieren, dass, wenn man ein Gefühl oder eine Idee umsetzt, man nicht etwas Neues erschafft, sondern etwas Altes wiederbelebt. Weil es einfach funktioniert oder weil man Erinnerung schaffen will. Und dann bedient man sich einer Klangsprache, die es schon gibt, und verändert sie bloß dort, wo es notwendig ist. Es geht in erster Linie um den Ausdruck, und wenn wir dazu einen bekannten Klangbaustein brauchen, dann wird er auch verwendet. Aber dazu sind wir ja auch Experten auf dem Gebiet, damit wir wissen, welchen Ton aus der Palette wir brauchen.
Fladvad-Geier: Das hätte jetzt auch ein schönes Vorwort für die Dialoge sein können.
Oder auch ein schönes Vorwort für den „Abend für Frank Zappa“. Den geben Blank Manuskript am 25. November zusammen mit dem oenm . österreichisches ensemble für neue musik im Großen Saal der Stiftung Mozarteum. Neben Frank Zappas Musik wird auch Pierre Boulez, Edgar Varèse und natürlich Blank Manuskript gespielt. In Stein gemeißelt ist das aber nicht. Nicht an einem Konzertabend, an dem Musik von einem Mann wie Zappa auf dem Programm steht, der retrospektiv einige Grenzen gesprengt hat und zu den Ausführenden eine Band gehört, die manchmal ganz nebenbei etwas wunderbares Neues schafft.